The Godfather of Death Metal: Leben und Tod von Chuck Schuldiner

Chuck Schuldiners Spiel war präzise, progressiv und brutal, seine Musik wegweisend und zeitlos.

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"Man nennt ihn oft den „Godfather of Death Metal“, er selbst bezeichnete sich einst lieber als „a lover of life, friendship and animals“. Chuck Schuldiner war nicht nur einer der wichtigsten Death-Metal-Musiker, sondern einer der bedeutendsten Instrumentalisten und Komponisten im Metal überhaupt. Wie nur wenige andere prägte er das Death-Metal-Genre – und den Metal generell – mit einer ganz eigenen Art, Gitarre zu spielen: technisch brillant, melodisch durchdacht, heavy, roh und voller Präzision und voller Emotion. Mit seiner Band Death lotete er Grenzen aus, befreite den Death Metal von vielen Klischees und leistete Pionierarbeit. Chuck Schuldiner wurde von vielen völlig genrefremden Personen für sein Werk und seine Person hochgeschätzt. Leider verstarb Schuldiner viel zu früh. Wir werfen einen Blick auf Leben und Tod eines wahren Pioniers.

Chuck Schuldiner: Kindheit und Anfänge

Chuck Schuldiner wurde am 13. Mai 1967 in Long Island, New York, als Charles Michael Schuldiner geboren. Seine Mutter Jane Schuldiner war Lehrerin, sein Vater Mal Schuldiner arbeitete in der Immobilienbranche. Seine Kindheit verlief weitgehend behütet; 1968 zog die Familie nach Florida, wo Chuck den Großteil seines Lebens verbringen sollte.

„Chuck war wirklich ein fröhliches und gutmütiges Kind und die Freude seines älteren Bruders und seiner älteren Schwester. Sie lasen ihm vor, spielten mit ihm, schauten Zeichentrickfilme im Fernsehen und mit der Zeit bezogen sie ihn auch in den Bau einer Festung im Wald am Ende der Straße mit ein“, erzählte seine Mutter Jane im Interview mit der Fansite „Voicesfromthedarkside.de“. „Wir waren als Familie immer wandern und zelten gegangen, in New York und in Florida. Wir hatten ein sehr gutes Familienleben, und Chuck erzählte mir, dass er eine wundervolle Kindheit hatte“, so seine Mutter weiter.

Schuldiner im Jahr 1995

Seine ersten musikalischen Einflüsse waren Bands wie Kiss, Black Sabbath und Judas Priest. Im Alter von neun Jahren griff er zum ersten Mal zur Gitarre, nachdem seine Eltern ihm das Instrument als Mittel anboten, um den Tod seines Bruders zu verarbeiten. Jane Schuldiner dazu: „Ich bin mir sicher, da wir darüber gesprochen haben, dass der Kauf dieser Gitarre für ihn ein Ventil für seine Trauer um seinen Bruder war, und ich bin immer dankbar dafür gewesen. Kurz danach schrieb er einige der Texte für sein erstes Album und schrieb und spielte weiter. Die Auswirkungen des Verlusts seines Bruders Frank kommen in den Texten von ‚Open Casket‘ deutlich zum Ausdruck. Als Chuck krank war, haben wir darüber gesprochen, und er sagte, es sei eine Therapie für ihn, seine Gefühle auf diese Weise ausdrücken zu können.“

Seine ersten musikalischen Versuche machte er im Jahr 1983 mit Projekten wie Mantas, aus denen wenig später Death hervorgingen – die Band, mit der er Metalgeschichte schreiben sollte.

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Chuck Schuldiner: Die Gründung von Death

Death gründeten sich im Jahre 1984. Die erste Bandbesetzung bestand aus Kam Lee am Schlagzeug und Gesang, Rick Rozz an der zweiten Gitarre, Chuck Schuldiner an Gitarre und Gesang sowie später wechselnden Bassisten – zunächst übernahm Chuck auch den Bass selbst. Das erste Demotape „Death by Metal“ erschien noch im Gründungsjahr 1984 unter dem Bandnamen Mantas, bevor man sich wenig später in Death umbenannte.
Im Jahre 1986 kam die Band bei Combat Records unter Vertrag. Man machte sich an die Arbeit am Debütalbum. Dieses hieß „Scream Bloody Gore“ und erschien 1987 – ein Werk, das heute als erstes echtes Death-Metal-Album gilt. Weitere Alben folgten: „Leprosy“ (1988), „Spiritual Healing“ (1990), „Human“ (1991), „Individual Thought Patterns“ (1993), „Symbolic“ (1995) und „The Sound of Perseverance“ (1998).

Erfolge und Status

Die Geschichte von Death und ihrem Erfolg ist eine stetige. Album für Album, Live-Gig für Live-Gig wuchs die Band und ihr Renommee. Mit „Leprosy“ schaffte die Band im Jahre 1988 ein wichtiges Death-Metal-Album, damals noch relativ klassisch. Besonders in Europa fand dies eine große Fangemeinde. 1990 ging es mit „Spiritual Healing“ weiter. Schuldiner änderte den Stil, vor allem in puncto Texten, ein wenig. Setzte man zu Beginn noch auf schockierende Themen und Brutalität, behandelte Schuldiner schon bald gesellschaftskritische Themen, Religion und Manipulation.

Chuck Schuldiner 1995

Ein Meilenstein in der Diskographie von Death kam schließlich 1991 mit dem Album „Human“. Die Musik wurde um einiges komplexer und technischer. Death klangen nun so, wie man sie später in Erinnerung behalten sollte. Schuldiner war nicht nur ein grandioser Frontmann und ein kreativer Komponist, sondern auch ein brillanter Gitarrist. Er arbeitete nun mit Musikern wie Gene Hoglan, bekannt als „The Atomic Clock“, zusammen. Am Bass war Steve DiGiorgio.
Alben wie „Individual Thought Patterns“ und „Symbolic“ folgten. Death etablierten sich als eine der großen Metal-Bands ihrer Zeit. Progressive Songstrukturen trafen hier auf brutale Riffs, technische Präzision auf atmosphärische, sozialkritische und durchdachte Texte. Das gefiel nicht nur Death-Metal-Anhängern, sondern auch Fans progressiverer Spielarten des Metal.

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Die Besetzung wechselte bei Death immer wieder – und dennoch: Death blieben kreativ, kontinuierlich und konsequent. Man unterschrieb bei Roadrunner Records. Mit dem Album „The Sound of Perseverance“ feierte die Band internationale Erfolge. Death hatten sich etabliert – als große Metal-Band, als Pioniere und als Grenzgänger.

Control Denied

Schuldiner hatte jedoch noch andere Pläne, andere Ideen. Schon während der Arbeit am Album „The Sound of Perseverance“ beschloss er, ein neues Projekt zu gründen. Dieses hieß Control Denied. Schuldiner wollte aus den engen Genregrenzen des Death Metal – die er ohnehin bereits verschoben hatte – ausbrechen. Er wollte seinen melodischen Ideen mehr Raum geben, die progressiven Elemente in seiner Musik weiterentwickeln.

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Mit Musikern wie Richard Christy (Schlagzeug), Steve DiGiorgio (Bass), Shannon Hamm (Gitarre) und Tim Aymar (Gesang) nahm er das Album „The Fragile Art of Existence“ auf. Es erschien 1999 und setzte statt klassischer Death-Growls auf klaren, kraftvollen Gesang – ein mutiger und visionärer Schritt, der ihm viel Respekt einbrachte.

Schuldiner schätzte an seiner Fanbase, dass man seinen Ideen immer offen gegenüberstand. 2000 erzählte er im Interview mit „Metal Edge“: „Ich glaube, die meisten Death-Fans sind sehr aufgeschlossen, weil Death so melodisch und progressiv ist und in vielerlei Hinsicht übertrieben. Als wir letztes Jahr auf Tour waren, habe ich im Publikum alle möglichen Metal-T-Shirts gesehen, die man sich vorstellen kann – von Metallica über Slayer und Pantera bis hin zu Iron Maiden und King Diamond. In gewisser Weise bin ich sehr dankbar, dass wir als Band ein so breites Spektrum an Zuhörern haben“, so der Musiker.

„Auch wenn Death, wie gesagt, eine sehr extreme Band ist, ist sie doch sehr melodisch. Ich denke also, dass die Fans dieses Album auf jeden Fall genießen werden. Bisher haben die Leute gesagt: ‚Wow, die Musik ist sehr Death-mäßig, aber der Gesang hebt sie auf ein neues Level.‘ Und genau das wollte ich von den Leuten hören“, erklärte er außerdem.

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Chuck Schuldiner: Krebserkrankung

Dann kam die schreckliche Nachricht: Im Mai 1999 wurde bei Chuck Schuldiner ein bösartiger Gehirntumor diagnostiziert. Nicht nur seine Familie und Freunde, auch seine Fans traf die Nachricht wie ein Schock. Um die hohen Behandlungskosten zu finanzieren, sammelten Fans und Musiker aus aller Welt Spenden. Die Red Hot Chili Peppers, Korn und Kid Rock griffen in ihre eigene Tasche und riefen zu Spenden auf – das zeigt, wie beliebt Schuldiner auch außerhalb des Death-Metal-Genres war. Mithilfe dieses Supports konnte sich Schuldiner mehreren Operationen unterziehen. Trotz Rückschlägen blieb er kämpferisch und optimistisch. Er sprach von einem zweiten Control-Denied-Album, kündigte sogar neue Songs für Death an. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich dramatisch.

Chuck Schuldiner: Tod

Am 13. Dezember 2001 starb Chuck Schuldiner im Alter von nur 34 Jahren in seinem Zuhause in Florida. Seine Familie war bei ihm.
Er geht als einer der großen Metal-Gitarristen und Komponisten in die Musikgeschichte ein. Seine Band Death bleibt bis heute ein fester Bezugspunkt für Extreme Metal. Zahlreiche Musiker und Bands berufen sich auf Schuldiner, führen seine Ideen weiter – und halten sein Erbe lebendig.

Catherine McGann Getty Images
Catherine McGann Getty Images

Markus Brandstetter schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.