Dionne Warwick
„The Scepter Recordings 1962–1971“
Soulmusic (VÖ: 25.7.)
Das erste Jahrzehnt in der Solokarriere der Sängerin.
Die Geschichte vom Aufstieg der Gospelsängerin zu einem der größten Idole in der Geschichte des populären Liedes ist der Stoff von Legenden. Anfangs eine kleine Weile als Backup-Sängerin für Stars wie Brook Benton, Solomon Burke und Ben E. King von deren Produzenten engagiert, beeindruckte sie bei einer Session für die Drifters-Single „Mexican Divorce“ den immer an hochkarätigem Nachwuchs interessierten Burt Bacharach. Allerdings bot er ihr zunächst nur den Job an, Demos seiner neuen Songs aufzunehmen, um damit prominentere Interpreten für dieselben zu gewinnen.
Wenn diese Retrospektive eines dokumentiert, dann, dass sie sich offenbar verpflichtet fühlte, nie unter ihr eigenes einmal gesetztes Niveau zu gehen
Der erste für sie vom Team Burt Bacharach/Hal David quasi maßgeschneiderte Song, „Don’t Make Me Over“, brachte nicht den kommerziellen Durchbruch. Das bremste den Ehrgeiz der sie protegierenden Meister des gepflegten Pop-Songs aber nicht im Mindesten. Während der nächsten zehn Jahre schrieben sie speziell für ihre „Entdeckung“ Songs, deren emotionale Qualitäten die Sängerin einfühlsam auslotete – in sublimeren Passagen genauso wie in den Momenten extrovertierter Gefühlsausbrüche.
Bacharach wusste, welche Breite an Ausdruck sie seit ihren Gospel-Anfängen mitbrachte. Darum produzierte er manche Aufnahmen so, dass sie auch bei Themen wie weltlicher Liebe schon sehr Hymnen ähnelten. Nicht ganz so inspirierte Songs wie „Please Make Him Love Me“ wurden manchmal auf der B-Seite der neuen Single versteckt. Trotzdem lotete Warwick auch deren emotionales Potenzial mit aller ihr zu Gebote stehenden Empathie während der Aufnahmesessions restlos aus. Wenn diese Retrospektive eines dokumentiert, dann, dass sie sich offenbar verpflichtet fühlte, nie unter ihr eigenes einmal gesetztes Niveau zu gehen.
Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 7/2025.