Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Bob Dylan, U2, The Cure, Smashing Pumpkins, U2, Beatles. Dies sind die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Fleetwood Mac: „Tusk“ (1979)

Man hat sich darauf geeinigt, dass „Tusk“ die komische Platte nach „Rumours“ ist, die zwar viele Leute kauften, weil es die Platte nach „Rumours“ war, die aber niemand richtig mochte. Zu viele Songs, keine Hits. Und das vernichtende Wort: „experimentell“. Auch hat sich eingebürgert, das Doppelalbum sei Lindsey Buckinghams monomanisches Projekt, obwohl Christine McVie sechs und Stevie Nicks vier Songs schrieb (ein Album also!), was aber heißt, dass Buckingham die Hälfte der Stücke beisteuerte. Als Produzenten der Platte sind „Fleetwood Mac“ (mit Richard Dashut und Ken Caillat) angegeben, aber in den Credits heißt es in Klammern: „Special thanks from the band to Lindsey Buckingham“ – insofern merkwürdig, als Buckingham ja noch zu Fleetwood Mac gehörte.
„Tusk“ gilt als Exempel für die Megalomanie der neurotisch und toxisch gewordenen Supergruppen der ausgehenden 70er-Jahre: Die Eagles machten „The Long Run“ und lösten sich auf, Led Zeppelin standen kurz vorm Ende, Roger Waters riss „The Wall“ von Pink Floyd an sich, die Rolling Stones wurschtelten stoisch weiter. Es war eine gute Zeit für Doppelalben: Wenn man sich nicht entscheiden kann, nimmt man einfach alles.
Buckinghams aufgekratzter Banjo- Aufgalopp
Während McVie und Nicks verlässlich Lieder schrieben, die sie beherrschten (gemütvoll-melancholisch die eine, ätherisch-sentimental die andere, manchmal auch umgekehrt), wollte Lindsey Buckingham ein bisschen Loudon Wainwright III sein, ein bisschen Richard Thompson und ein bisschen Warren Zevon, jedenfalls ein aggressiver Folk-Troubadour, ein Songschreiber. Klingt wie eine Humpta-Jahrmarktsband mit elektrischer Gitarre. Jedes Stück, muss man denken, richtet sich an Stevie Nicks, die Buckingham nicht verwunden hatte. „Rumours“ entstand in erotischem Tumult, „Tusk“ in brennendem Schmerz: „What Makes You Think You’re The One“, „Not That Funny“, „Save Me A Place“, „Walk A Thin Line“ – trotziges Insistieren, knurrendes Aufrechnen und saure Anklage. Buckinghams aufgekratzter Banjo- Aufgalopp „That’s Enough For Me“ und „I Know I’m Not Wrong“ sind Akte der grimmigen Selbstbehauptung.
In ihren Songs ergeht Stevie Nicks sich in Naturschönheit und Spiritualität: „Storms“, „Sisters Of The Moon“, „Beautiful Child“ – ein Ausweichen auf poetische Allgemeinplätze; manche Stücke klingen wie Skizzen zu noch zu schreibenden Songs, aber wie Songs von Fleetwood Mac. Don Henley warb damals galant um sie, indem er ihr Hotelzimmer mit Rosen vollstellen ließ und sie zu einem Hubschrauberflug einlud.
Am Ende blieb die Geschichte, dass Buckingham für das Stück „Tusk“ die Marschkapelle der University of Southern California verpflichtete und sie im Dodgers-Stadion trommeln und schmettern ließ. Sein letzter Schrei: „Why don’t you tell me who’s on the phone? Why don’t you ask him what’s going on? Why don’t you ask him who’s the latest on his throne? Don’t tell me that you love me! Just tell me that you want me!“
„Tusk“ ist der Stoßzahn. Der Hauer.
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Thin Lizzy: „Live And Dangerous“ (1978)

Produzent Tony Visconti hat später die Hosen runtergelassen: Man habe die zwei Wochen im Pariser Studio, die für das Abmischen von „Live And Dangerous“ zur Verfügung standen, gut genutzt – mit Overdubbing. Man könnte fragen, bei welchem Live-Mitschnitt einer Top-Ten-Band in den Siebzigern man denn nicht nachgebessert hätte – wenn es nicht ganz egal wäre. Die im Studio stets zu poliert und vorsichtig klingende Band bringt auf diesem Hybrid-Album ihre Standards in die bis heute gültige Form. Hier bekommen „Jailbreak“, „Southbound“ und Co. auf einmal, was ihnen gefehlt hat: Druck und Tiefe, Leidenschaft und Seele, als ob die Band jetzt erst wüsste, was sie will und sein will.
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Frank Zappa: „Sheik Yerbouti“ (1979)

Das wichtige Doppelalbum ist natürlich „Freak Out“, Zappas Debüt mit den Mothers Of Invention. Doch „Sheik Yerbouti“ (ja, lustig, wie „shake your booty“) blieb sein erfolgreichstes Album überhaupt. 13 Jahre nach dem anarchistischen Urknall zeigt es Zappa auf dem Höhepunkt seiner Popularität, so sehr nach Mainstream klang er nie wieder. Aber wie sind diese Scherze abgestanden, wie schlecht die Stereotype gealtert! Dennoch überdauerten sein Disco-Diss „Dancin’ Fool“ (inkl. Chic-Zitat) und seine Männerfantasie „Bobby Brown“ (wegen expliziter Lyrics in den USA auf der Blacklist) jahrzehntelang als Studentenparty-Klassiker. Gleichsam Persiflage und Statement des 70er-Jahre-Machismo.
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Neil Young & Crazy Horse: „Live Rust“ (1979)

Wer den Film kennt, denkt sich sofort die Kapuzenmännchen und das enorme Equipment dazu, doch auch ohne die Bilder macht einen der Sound fertig. „Live Rust“ wurde 1978 bei diversen Konzerten mitgeschnitten, doch hier gelang das seltene Kunststück, dass es wie der ultimative Neil-Young-Gig klingt, mit einem sensationellen Spannungsbogen. Die Hippie-Balladen „Sugar Mountain“ und „I Am A Child“ verzaubern, bis die sogenannte Wirklichkeit mit „My My, Hey Hey“ und „The Needle And The Damage Done“ hereinbricht. Bei den Killer-Versionen von „Cortez“ und „Like A Hurricane“ ist allerdings wieder klar: Neil Young ist seine eigene Welt. Ein Glück, dass wir manchmal darin leben dürfen.
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Pink Floyd: „The Wall“ (1979)

Wenn man über den Sound von Pink Floyd spricht, spricht man von „Dark Side Of The Moon“, aber man müsste genauso von „The Wall“ (1979) sprechen. Mit Bob Ezrin richtete Roger Waters einen Klangmonolithen ein, an dem jede Analyse scheitert. Die Sprachfetzen, die mal klitzekleinen und mal arenagroßen Kulissen, Gilmours Gitarrensound – alles unfassbar. Das Werk über den psychischen Zusammenbruch eines traumatisierten Rockstars ist gewissermaßen Waters’ erstes Soloalbum, doch ohne die Brillanz seiner Mitmusiker wäre es nicht epochal geworden. Und epochal ist es, obwohl – vielleicht sogar weil! – die Larmoyanz und Übertriebenheit manchmal etwas anstrengen.