Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Bob Dylan, U2, The Cure, Smashing Pumpkins, U2, Beatles. Dies sind die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
The Cure: „Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me“ (1987)

Nach zwei Jahren Studiopause, der bis dato längsten, kehrten The Cure sogleich mit ihrem ersten Doppelalbum zurück. Schon der – damals noch nicht anstößige – Arbeitstitel „1.000.000 Virgins“ offenbarte Getriebenheit. Er zeigte wohl, dass Robert Smith Lieder als Tabula-rasa-Wesen betrachtete, die er mit Sexualität ausfüllen könnte. Sein Jauchzen und Stöhnen waren neu und ungewohnt.
Für ihr bis heute vielleicht bedeutendstes Werk gingen The Cure erstmals in ein ausländisches Studio, das Miraval in der 900-Seelen-Gemeinde Correns. Spuren der südfranzösischen Riviera-Hitze finden sich im Funk von „Hot Hot Hot!!!“ oder dem Voodoo-Flair von „The Snakepit“.
Viele ihrer Alben haben The Cure schon in ganzer Länge aufgeführt – dieses wunderschöne Monster wartet noch darauf
Entstanden sind poetische Traumdeutungen („If Only Tonight We Could Sleep“) und mit „Just Like Heaven“ der wohl populärste Cure-Song, der sich um Hyperventilation und Ohnmacht dreht. Dennoch war auch Negativität eine Triebfeder. Umfänglich wird der Entfremdung („How Beautiful You Are“) und Gewaltandrohungen Platz eingeräumt – „Shiver And Shake“ und „Icing Sugar“ behandelten die Frage, ob sich der alkoholkranke Kindheitsfreund und Co-Musiker Lol Tolhurst loswerden lässt, indem man ihn bei den Aufnahmen anschreit.
Die größte Besonderheit dieses Doppelalbums aber liegt in der Abwesenheit jeglichen Erzählflusses zwischen den Liedern. Die 18 Songs verbindet kein roter „Kiss Me“-Faden, keine auf- und abschwellende Dramaturgie. Die Sequenzierung erscheint erfrischend willkürlich, und wer im damals anbrechenden Digitalzeitalter die CD im Zufallstrack-Modus hörte, stieß auf selbst konstruierte, aber nicht weniger sinnhafte Zusammenhänge.
Viele ihrer Alben haben The Cure schon in ganzer Länge aufgeführt – dieses wunderschöne Monster wartet noch darauf.
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Metallica: „… and Justice for all“ (1988)

Jason Newsteds Bassspiel sei „absolut fantastisch“ gewesen, gibt Produzent Flemming Rasmussen später augenzwinkernd zu Protokoll, „auch wenn so wenige Leute es gehört haben“. Newsted, der Nachfolger des verstorbenen Bassgenies Cliff Burton, musste untergebuttert werden, so wollte es die Bandpsyche. Die Aufnahmen waren eben auch Trauerarbeit, davon zeugt nicht zuletzt „To Live Is To Die“, eine Collage aus Burton-Riffs. „Justice“ zeigt aber auch die zunehmende Prätention der Band. Man wollte nicht einfach noch ein weiteres Thrash-Album aufnehmen, sondern ein Kunstwerk. Gelegentlich verhebt man sich dabei, aber Songs wie „One“ machen die Mühen der Ebene wieder wett.
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Sonic Youth: „Daydream Nation“ (1988)

Urknall des Indie-Rock: „Daydream Nation“ griff 1988 all die kleinen Verästelungen seit NY-Punk und No Wave auf, verband Oldschool mit Gegenwart und öffnete sie in die Zukunft (auch wenn der Teenage-Aufstand dann eher schlafloses Rumlungern in Seattle war). Das Quartett präsentierte nach einem knappen Jahrzehnt gemischt gelungener Experimente das Ergebnis: noisigen Rock, der den subkulturellen Kanon als gültigen Pop setzte. Vom Richter-Cover zur Warhol-Hommage, von der J‑Mascis-Inauguration zur Art-rockigen „Trilogy“, von den brausenden Gitarren und dem dreschenden Drive bis zur schneidigen Coolness der Stimmen: ein Dokument künstlerischen Stolzes.
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
U2: „Rattle and Hum“ (1988)

Es war eines dieser ca. 14 bis 28 Jahre, in denen wieder mal behauptet wurde, U2 hätten ihren Zenit überschritten. 1987 war das Meisterwerk „The Joshua Tree“ erschienen, die Tour dazu ein Triumph geworden. „Rattle And Hum“ feiert das, ohne falsche Bescheidenheit. Phil Joanous Film nervt manchmal mit seiner Bedeutungsschwere, aber auf dem Doppelalbum bleiben neben famosen Covers und Live-Versionen einfach etliche sehr gute Songs übrig, sozusagen irische Americana: The Edges „Van Diemen’s Land“, „Desire“, „Love Rescue Me“ (mit Bob Dylan) – und das nur oberflächlich zynische „God Part II“ verzückt mit dem Bekenntnis, dass Rock’n’Roll vielleicht nicht die Welt verändern kann. Aber die Liebe!
Die 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Smashing Pumpkins: „Mellon Collie and the Infinite Sadness“ (1995)

Im Herzen ist Billy Corgan ein Hardrocker der Siebziger. Nach dem Welterfolg „Siamese Dream“ konnte er sich seinen Jugendtraum vom Doppelalbum erfüllen. Die Aufteilung der LP-Hälften in dramatisierte Tageszeitbeschreibungen („Dawn To Dusk“, „Twilight To Starlight“) wird bis heute kopiert. Die Anzahl der Songs, 28, machte im Gegensatz zu manch anderen 90er-Jahre-Platten das Doppelalbum-Format aber tatsächlich zwingend. Die Stilvielfalt war überwältigend: Neoklassik, Metal, New Wave und Grunge-Rock. Das typische Doppelalben-Gedankenspiel „Könnte man das Werk zur Qualitätssteigerung auch auf eine Scheibe eindampfen?“ würde hier ins Leere laufen. Kein Gramm Fett zu viel.