Gunter Blank geht essen: Verzicht ohne Vorsatz

Zwischen Aschermittwoch und Ostern wird traditionell gefastet – wobei das gerade von den Katholiken nie wörtlich genommen wurde.

Seien wir ehrlich, Ende Februar sind die in der Silvesternacht feierlich erklärten Vorsätze meist wieder vergessen. Deshalb hat der Verfasser es längst aufgegeben, überhaupt noch einen zu fassen, wobei er nicht verhehlen will, dass er Menschen zu seinen Freunden zählt, die es tatsächlich schaffen, bis weit in den Februar hinein auf Alkohol, Kohlenhydrate und fettes Fleisch zu verzichten.

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Damit nähern sie sich durchaus den magischen vierzig Tagen, die Jesus hungernd in der Wüste ausharrte und den Heimsuchungen des Satans widerstand, womit der Verzicht auf Nahrung zur Reinigung der Seele Einzug in den abendländischen Wertekanon fand. Wobei Jesus letztlich auch nur das Beispiel der israelitischen Königin Ester extrapolierte, die gemeinsam mit ihrem Volk drei Tage und drei Nächte in der persischen Diaspora fastete, bevor sie sich, so gereinigt, in die Gemächer des Königs Xerxes begab, um den von Großwesir Haman geplanten Genozid an den Juden zu verhindern.

Auch in anderen alten Kulturen spielt das Fasten eine rituelle Rolle, vor allem hinduistische Gurus stehen in dem Ruf, durch weitestgehende Entsagung buchstäblich über dem Boden zu schweben, auf jeden Fall aber einen höheren Zustand zu erlangen, der sie ohne weitere Reinkarnationen direkt ins Nirwana befördert.Von den Katholiken indes kann man nicht wirklich behaupten, dass sie getreu Jesu Beispiel folgten.

Askese? Muss nicht sein!

Wie Anna Dünnebier und Gert von Paczensky in „Leere Töpfe, volle Töpfe“, ihrer erschöpfenden, soeben in der Anderen Bibliothek prachtvoll wiederaufgelegten „Kulturgeschichte des Essens und Trinkens“ aus dem Jahr 1994, berichten, haben die Bischöfe über die Jahrhunderte in der Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern regelrechte Fressorgien gefeiert. Dagegen erscheint die Buttermilch-Diät, der sich der Co-Autor und ehemalige „Panorama“-Chef Paczensky jedes Jahr unterzog, geradezu als Hochamt der Askese.

Dem Verfasser, der theoretisch durchaus die Vorzüge der Entschlackung zu schätzen weiß, mangelt es dagegen an der hierfür notwendigen Selbstdisziplin. Jahrelang versuchte er sich erfolglos an den verschiedensten Varianten der Körperreinigung und Gewichtsabnahme und war bereits dabei, sich mit einer Zukunft als Marlon-Brando-artiger Fleischberg abzufinden – als er eines Abends dem Auftritt des rotbäckigen Fernsehdoktors Eckart von Hirschhausen bei Markus Lanz beiwohnte.

Hirschhausen, der ebenso dünn, aber weit weniger ausgezehrt wirkte als sein Gegenüber, erzählte freudig erregt, wie er binnen weniger Wochen praktisch mühelos sechs oder acht Kilo abgenommen habe. „Intervallfasten“ hieß das Zauberwort, das den Verfasser erleuchtete und auf der Stelle in einen gläubigen Jünger verwandelte.

Kein Wunder, braucht es dazu doch nicht mehr, als auf das Frühstück zu verzichten und zwischen der letzten Mahlzeit, besser gesagt dem letzten Drink, am Abend zuvor und der ersten am Nachmittag sechzehn Stunden auf das Essen zu verzichten. Tee und Wasser sind erlaubt, und in den verbleibenden acht Stunden kann man essen und trinken, wonach einen gelüstet.


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Im Unterschied zu längeren Fastenkuren oder Crash-Diäten wird vor allem der berühmte Jo-Jo-Effekt vermieden, da der Stoffwechsel nicht gedrosselt und auch keine Muskelmasse abgebaut wird. Stattdessen werden die Glukose- und Fettdepots im Körper abgebaut. Auch wenn der Verfasser es nie geschafft hat, tatsächlich sechs Kilo abzunehmen, hat er immerhin die altersbedingte Gewichtszunahme gestoppt, das Verhältnis von Muskulatur und Fett verbessert, und langsam, aber sicher gelingt es ihm, in kleinen Schritten, aber nachhaltig das eine oder andere Pfund dauerhaft loszuwerden.

Im vergangenen Sommer vermochte er sogar die durch den Besuch bei der Familie angefu-terten drei Kilo binnen zwei Wochen wieder loszuwerden. Auch dazu bedurfte es weniger Härte gegen sich selbst als einer vor allem bei Promi-Frauen beliebten Methode, der Prosecco-Diät: wenig Kohlenhydrate, kein Bier, kein Schnaps, kein Rotwein, sondern pro Tag eine Mahlzeit und ein paar Gläser Prosecco Dosage Zero.

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