Jan Böhmermann schreibt Geschichte: Bundestag beschließt „Lex Böhmermann“

Mehr als ein Jahr nach der Erdogan-Affäre reagiert die Politik und schafft im Bundestag den „Majestätsbeleidigung“-Paragraphen ab.

Obwohl Jan Böhmermann die Posse um sein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan juristisch noch nicht ganz überstanden hat, reagiert nun die deutsche Politik auf die diplomatischen Verwicklungen, die der Satiriker mit seinem TV-Beitrag aus dem „Neo Magazin Royale“ ausgelöst hatte. Am Freitag (28. April) wurde die „Lex Böhmermann“ durch den Bundestag gewinkt. Will heißen: Der Strafrechtsparagraph, der die „Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten“ mit bis zu drei Jahre Haft bestraft, wird mit sofortiger Wirkung abgestraft.

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Als Erdogan von Böhmermanns Schmähgedicht Wind bekommen hatte, fühlte er sich dermaßen verunglimpft, dass er sowohl als Privat- wie als Staatsmann Klage einreichte. Innerhalb von kürzester Zeit hatte der ZDF-Komiker für eine ernsthafte Staatsaffäre gesorgt! Die Bundesregierung musste entscheiden, ob der Strafrechtsparagraph in dem Fall bei der juristischen Bewertung zur Anwendung kommt. Wohl aus diplomatischen Gründen entschied sich die Große Koalition – trotz geschlossener Ablehnung der SPD – dafür.

Niederlage für Erdogan

Vor deutschen Gerichten ging Erdogan dann allerdings baden! Während das Hamburger Landgericht zwar eine einstweilige Verfügung bestätigte, wonach es verboten bleibt, bestimmte Passagen des Schmähgedichts öffentlich zu zitieren, wurde die Klage wegen persönlicher Beleidigung nicht zugelassen.

Nun sorgt der türkische Präsident mit seiner Klage dafür, dass in Deutschland ein längst altertümlicher Strafrechtsparagraph eingestampft wird. Interessanterweise kam er, obgleich seine Entstehung noch auf die Kaiserzeit zurückgeht, im Grunde nie zur Anwendung. Auch im Fall Böhmermann nicht. Justizminister Heiko Maas zur Begründung der Streichung: : „Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich. Wir brauchen kein Zwei-Klassen-Recht, wenn es um die persönliche Ehre geht; und wir brauchen auch keine Privilegien für ausländische Staatsoberhäupter.“

„Hören Sie auf, politische Kritik als persönliche Beleidigung zu empfinden“

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Mit Blick auf den in der Türkei inhaftierten WELT-Journalisten Deniz Yücel wurde Maas zudem deutlich und sprach Erdogan noch einmal persönlich und direkt an: „Wir verbinden die Abschaffung dieser Strafnorm deshalb auch mit einem Appell an den türkischen Staatspräsidenten: Hören Sie auf, politische Kritik als persönliche Beleidigung zu empfinden, Hören Sie auf, die Meinungsfreiheit mit dem Strafrecht zu unterdrücken, Lassen Sie unabhängige Journalisten endlich wieder ihre Arbeit machen – vor allem aber: Lassen Sie endlich Deniz Yücel frei!“

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