Mariah Carey: Das Comeback einer Diva mit „Here for It All“

Die Königin der Koloraturen will es noch einmal wissen. Irgendwie Soul mit einer dicken Schicht Zuckerguss.

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Im schillernden Segment des „Christmas Pop“ nimmt die sprichwörtliche „Diva“ ja seit langer, langer Zeit eine marktbeherrschende Position ein. Ihre Las-Vegas-artigen Shows mit Luxus-Lametta und Lebkuchen von Walmart sind Legende.

Den modernen Soul-R’n’B-Pop-Diskurs hat Mariah Carey längst jüngeren Kolleginnen überlassen. Von Beyonce über Rihanna bis Ariana Grande und die Um-Die-20jährigen; auch die englische Kollegin Adele gehört in diese (Las-Vegas-)Champions League.

Nun also das erste Studioalbum seit sieben Jahren.

Nach wie vor beeindruckende Stimmlage

Es bietet, das sei schon mal verraten, eine Mischung aus knalligen, synthetischen Beats und R&B, die von ihrer Konsistenz her an Rübenkraut aus der Voreifel erinnern. Ein zuckersüßes Zeug. Und ok, das räumen alle ein: Ihre fünf Oktaven umfassende Stimmlage ist nach wie vor beeindruckend.

Für das insgesamt 16. Studioalbum erntet die 56-Jährige gemischte Kritiken in Großbritannien und auch in den USA, wo so ziemlich alle Medien bereits 10 Minuten nach Aufhebung des „Embargos“ mit ausgefeilten Besprechungen am Start waren.

Unabhängig von der Bewertung des „Materials“ betonen die meisten Kollegen ihre weitgehend intakte Stimme. „Ein konstantes Highlight selbst auf weniger überzeugenden Tracks“, heißt es in einem Review

„Here for It All“ kommt als sprudelnder Mix aus klassischen Balladen und einem (sehr!) vorsichtig experimentellen Sound daher.

Wust an synthetischen Elementen

Zu diesem Zweck hat sie sich Anderson .Paak auf die Yacht geholt. Doch auch beim dritten Durchhören überwiegt das Placet: Glatt und eingängig, eine gewisse Orientierungslosigkeit und einen Wust an synthetischen Elementen. Mittlerweile kann eine ganze Dutzendschaft an Kollegen und Kolleginnen mit dieser neo-modernen Collagen-Sound-Technik besser umgehen.

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„I Won’t Allow It“, ist ein luftiger, Disco-inspirierter Song, der in seiner „Studio-54“-Haftigkeit noch am fluffigsten rüberkommt. „Type Dangerous“ arbeitetet sich mit funkigem R&B an „toxischen“ Beziehungen ab. So etwas scheint heute zum Pflicht-Repertoire zu gehören. Motto: Irgendwie Feminismus geht immer.

Der Titel-Track Here for It All“ ist wiederum eine Art musikalischer Schlussstein, der als Ballade beginnt und in einem gospelgetränktes Coda endet. Alles nicht wirklich mies, aber auch sehr erwartbar.

Hier noch ein paar Stimmen aus der englisch-sprachigen Presse:

„The Independent “beschreibt das Album als „hübsch und poliert“, kritisiert jedoch mangelnde Innovation. Die „Times“ spricht von einem „Überschuss an synthetischen Beats und sirupartigem R&B“, würdigt jedoch Careys vokale Fähigkeiten. „The AU Review“ aus Australien konstatiert: Kein schlechtes Album, doch es fehle an klarer Persönlichkeit und konzeptioneller Tiefe. „Die Balladenlastigkeit könnte Geduld fordern“, was ein schönes Fazit ist.

Ralf Niemczyk schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.