Philip Lassiter: Ein unbekannter Star

Der Funk-Trompeter Philip Lassiter gilt als einer der besten seiner Zunft – er arbeitete als Produzent mit Prince, Stevie Wonder und Mariah Carey.

Einen Titel wie „Make America Love Again“ hätten vor sechs Jahren nur die wenigsten verstanden. Dann aber startete Donald Trump mit dem von Ronald Reagan entliehenen Motto „Make America Great Again“ seine Präsidentschaftskampagne, eroberte das Weiße Haus – und spaltete die Nation durch seinen Hass. Mit dem Sturm aufs Kapitol wagten seine Anhänger den Staatsstreich. „Make America Love Again“ ist die neue Funk-Single von Philip Lassiter betitelt, und er singt darin: „Hope we never go backwards again.“ Der in Alabama geborene Musiker sagt: „Ich bin froh, dass er endlich abgewählt wurde. 2021 muss besser werden.“

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„Live In Love“ heißt das dazugehörige Album des Sängers, Produzenten und Multiinstrumentalisten, der vorrangig Trompete spielt. Als politisch habe er sich nie betrachtet, aber seit der Ära Trump bleibe Amerikanern gar nichts anderes übrig, als immer wieder politisch Position zu beziehen. „Meine Frau ist holländisch-karibischer Abstammung, wir haben gemeinsame Kinder. Systemischer Rassismus ist uns alles andere als fremd.“ Als der Mörder George Floyds, der Polizist Derek Chauvin, im April dieses Jahres von einem Gericht schuldig gesprochen wurde, habe die Familie gejubelt. Nun wolle Lassiter mit seiner Musik positive Signale senden. Das Titelstück, auf dem seine Ehefrau, die Soul-Interpretin Josje, mitsingt, betrachtet er als „Ansage im Stil der Beatles: Alles, was wir brauchen, ist Liebe!“

Zu Weltstars werden Trompeter, warum auch immer, kaum mehr. Leider. Aber Philip Lassiter ist so etwas wie ein Star seiner Zunft. Er war an elf Grammy-prämierten Albumproduktionen beteiligt, arrangierte Orchester und Bläser für Stevie Wonder, Ariana Grande und Mariah Carey. Zu Beginn seiner Karriere, sagt Lassiter, habe er erwogen, sich in die Jazz-Improvisation zu vertiefen, wie seine Vorbilder, die Trompeter Miles Davis und Wynton Marsalis. „Ich bin ein Mann aus dem Deep South der USA mit einem Sinn für Avantgarde.“ Dann wurde er zu einem Mann, auf den die Großen sich verlassen können. Einem, der die Fäden zusammenhält. Als Mitglied der Prince-Band The New Power Generation führte er 2013 beim Montreux Jazz Festival eine elfköpfige Bläsersektion an. „Let’s make history“, habe Prince ihm vor dem Auftritt zugeflüstert. Und das taten sie.

„Was zählt, ist die gemeinsame Liebe zur Musik“

„Live In Love“ ist ein „Feature-Album“, stellt also pro Song einen jeweils anderen musikalischen Partner und dessen Stil in den Vordergrund. Oft sind solche Platten ein zweifelhaftes Vergnügen. Doch Lassiter verzichtet zum Glück auf die unter Koryphäen verbreitete Unsitte, mit ihren Instrumenten „in einen Dialog“ mit den Duettpartnern zu treten, aber in Wirklichkeit Nabelschau zu betreiben. Santana mischt seine Gitarre, David Garrett seine Geige nach vorn. Mit Lassiter ist das nicht zu machen, er lässt seine Leute glänzen: „You don’t wanna miss out on the magic they bring to the table.“ In manchen Liedern ist sein Instrument nur eines unter mehreren – nein, etlichen.

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Zwei prominente Künstler sind auf der Platte vertreten. Toto-Keyboarder David Paich greift auf „Babayaga“ in die Tasten, das Lied entstand unter dem Eindruck der gerichtlichen Anklagen gegen R. Kelly und handelt von mächtigen Männern, die sexuell übergriffig werden. Bei „Live In Love“ singt Juan Luis Guerra, der dominikanische Superstar des Merengue – der ein Fan von ihm ist: „Er sah das Montreux-Konzert der New Power Generation auf meinem Instagram-Kanal und hinterließ Kommentare.“

Die wohl beeindruckendste Leistung entstand in Kooperation mit amerikanischen R&B-Künstlern. LaVance Colley („Light Me Up“), Durand Bernarr („Sugar Coat Me“) und J Hoard („Love Story“) vermengen R&B, Jazz, Soul und HipHop, sie sind schwarz – und leben offen schwul. „Dass man aufgrund seiner sexuellen Identität nicht diskriminiert werden sollte, versteht sich von selbst“, sagt Philip Lassiter. „Es klingt wie ein Gemeinplatz, aber das Einzige, was zählt, ist doch die gemeinsame Liebe zur Musik.“ Und dass die Liebe wieder in Amerika Einzug hält.

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