Post Malone in der Wuhlheide: Cowboy-Romantik an einem Berliner Montag

Post Malone bringt den American Dream nach Berlin – samt Cowboy-Romantik und Red Solo Cups.

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Ein gewöhnlicher Montagabend in Berlin? Nicht, wenn ein richtiger US-Superstar die Wuhlheide in einen Honky-Tonk-Saloon verwandelt. Die fleischgewordene Route-66-Fantasie holt Fans und Amerikanophile ab – mit Red Solo Cups, großer Gürtelschnalle und deutlich weniger Cringe, als es diese Intro vermuten lässt. Denn Sänger und Rapper Post Malone schafft es, Country (und ein bisschen romantisiertes Redneck-Feeling) eine moderne Coolness zu verpassen.

Jelly Roll: Europapremiere bei Post Malone

Ganz gleich, ob er die Zuschauer von sich überzeugen wird: Für den Support-Act Jelly Roll wird es ohnehin ein unvergesslicher Abend. „First time performing in Europe ever, this is a big deal for me“, erklärt er sichtlich gerührt. Die Deutschen danken es ihm mit anständigem Applaus. Auch wenn bisher nicht jeder Hits wie den für einen Grammy nominierten Song „I Am Not Okay“ kennt, zeigt sich das Publikum spätestens beim „Country Roads“-Cover absolut sattelfest. Cleverer Move – schließlich gibt es kaum ein anderes Country-Lied, das hierzulande so universell funktioniert.

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Das Medley, das er seiner 17-jährigen Tochter widmet, ist ein noch wilderer Ritt: Nickelbacks „How You Remind Me“, Lynyrd Skynyrds „Sweet Home Alabama“, DMX’ „Party Up“, dazu Miley Cyrus’ „Flowers“, „Young, Wild & Free“ von Snoop Dogg und Wiz Khalifa – und als Höhepunkt: „Let It Be“ von den Beatles. Das sind Mitsingmomente, mit denen Jelly Roll in jedem Fall Sympathiepunkte sammeln kann.

Post Malone in der Wuhlheide: Berliner Cowboys beim Line Dance zuschauen

Post Malone selbst kommt anschließend so, wie man ihn auf der „Big Ass World Tour“ mittlerweile kennt: Das Trucker-Cap tief ins Gesicht gezogen, Red Solo Cup in der Hand, die Jeans so steif gestärkt, dass er sich hineingeschossen haben muss. „We have come to play some shitty songs and party while we do it“, verkündet er nonchalant, bevor er sein Publikum auf eine wilde Reise durch verschiedene Musik-Genres schickt.

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Die Deutschen, deren Country-Verständnis mit Cowboy-Stiefeln, passendem Cowboyhut und kuscheligem Flanellhemd im Hochsommer zum Ausdruck kommt, zeigen sich offen für das ausgelebte Südstaaten-Flair. Immer wieder brechen kleine Line Dances im Publikum aus – die Mühen all jener stupiden Tanzkurse in der Provinz scheinen an diesem Abend ihre Daseinsberechtigung zu finden.

Während der Songs zeigt sich Malone als nahbarer Gastgeber. Das hat ihm in der Vergangenheit zwar schon fast einmal wortwörtlich das Genick gebrochen. Dennoch signiert er Caps, stößt mit dem Publikum an und trinkt Bierchen, die Fans ihm reichen. „Danke, dass ihr uns reingelassen habt“, sagt er, und ja: Man nimmt ihm dieses Demutsgefühl tatsächlich ab.

Herzschmerz und Freundschaft

Posty wäre nicht Posty, wenn er nicht auch melancholische Töne anschlagen würde. „Kann ich euch ’nen traurigen Song spielen?“, fragt er, bevor er „I Fall Apart“ anstimmt. Doch als Jelly Roll später für ihren gemeinsamen Song „Loser“ auf die Bühne zurückkehrt, sieht man zwei Best Buddys, die sich einfach nur des Lebens freuen. „A Posty and Jelly sandwich“, scherzt Malone, bevor er seinen Kumpel als „one of the best humans in the world“ feiert. Gemeinsam wollen sie zeigen, dass man alles schaffen kann, wenn man nur dranbleibt: „Keep fucking chasing that shit!“ Der American Dream ist bis in die Berliner Wuhlheide geschwappt.

Ganz nebenbei teilt er private Details: Seine dreijährige Tochter hat jetzt einen Freund – „three phones, three firearms in his backpack“ – und er weiß noch nicht so recht, was er von dieser Lovestory halten soll. Den Song „Yours“ widmet er ihr, bevor es mit „Dead at the Honky Tonk“ und einer Pyro-Show weitergeht, deren Geruch frühkindliche Erinnerungen an die kleinen Platzpatronen beim Cowboy-Fasching weckt.

Ein wilder Ritt für Berlin

Zwei Stunden lang bläst Malone seinen Mix aus Country, HipHop, Pop und Rock in die Berliner Sommernacht. „Rockstar“ bringt ein Flammenmeer, „Sunflower“ und „Congratulations“ setzen den fulminanten Schlusspunkt. Zum Finale zündet er sich noch eine Fluppe an und bedankt sich in aller Seelenruhe bei allen, die in den ersten Reihen um seine ausufernde Stage stehen – mit festen Umarmungen und Selfies, Autogrammen und Fist Bumps. Ein Superstar ganz ohne Berührungsängste? Ganz schön sehenswert für einen Montagabend.

Kristina Baum schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.