3,5 Paula Frazer & Tarnation Now It’s Time
Pop-Musik ist ja auch deshalb so schön, weil sie uns immer wieder schier unlösbare Rätsel aufgibt. Da finden auf wundersamen Vermarktungswegen Dinge zusammen, die so weit entfernt voneinander scheinen wie Sonne und Mond. Wie, zum Beispiel, konnte bloß ein Song von Tarnation, nämlich „Two Wrongs Won’t Make Things Right“ vom zweiten Album „Gentle Creatures“, in den Soundtrack von „G.I. Jane“ gelangen? Demi Moores schweißtreibende Selbstkasteiung zur Endkampf-Amazone und Paula Frazers bittersüße Abschiedsnote aus dem Haus oben am Hügel: am Ende nurzwei verschiedene Akte derselben Emanzipation?
Das aktuelle Rätsel ist banaler. Warum Paula Frazer & Tarnation? Das ist in etwa so, als würde demnächst Ray Davies & The Kinks auf einem Album stehen. Die in San Francisco lebende Songschreiberin und Sängerin aus Georgia war sich — Band hin, Solowerke her — schon immer selbst genug. Inzwischen spielt sie auch genügend Instrumente, um gefriergetrocknete Loner-Etüden wie „Shadows“ und den Titelsong im Alleingang aufnehmen zu können. Die wohligen Harmonies der Moore-Brothers Thom und Greg umfangen sie beschwörend in der Privat-Hölle von „Nowhere“. Sie wehen auch durch „Another Day“, das mit seinem Tamburin-Beat auch mal in Richtung Sixties-Pop schielt. Die Pedal Steel von Tom Heyman (Chuck Prophet, The Court & Spark) zieht „Sleeping Dreams“ und „I’ll Never Know“ in traditionellere Americana-Gefilde, während die „Bitter Rose“ über einem Saloon-Piano aus Dodge City verblüht.
Nein, so ganz allein zu Hause mit ihrer alten Acht-Spur-Maschine hielt es Paula Frazer dann doch nicht aus. „August’s Song“ platziert ihren stoischen Sopran vor einem sanften Männer-Chor, die liebliche Folk-Melodie von „Pretend“ badet in einem Streichquartett, das auch „First Sign“ zart umgarnt. Erste Zeichen, letzte Signale: Wenn Paula Frazer zu „Now It’s Time“ anhebt — kann darauf nur ein „to go“ folgen. Wohin auch immer. (BIRDMAN/ROUGH TRADE)