Abba

Arrival

Über das Album, das Abba endgültig zu Superstars machte

Dass Abba endgültig gekommen waren um zu bleiben, zeigte die Positionierung ihres Titelsongs. „Arrival“ war klassisches Opener-Material, wurde jedoch nicht als Eröffnungsstück gewählt, sondern bildete den Abschluss ihres vierten Albums. Sollte heißen: Wer soll nach uns, nach unserer „Ankunft“, kommen? Die Brücke zur nächsten Platte war damit schon aufgebaut. Dabei war „Arrival“ ein Lied ohne Wortgesang, das allein über einen Chor zu Stärke fand.

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Mit „Arrival“ sollten Abba sich fortan auf ihren Konzerten ankündigen. Das Werk markierte 1976 auch den Aufstieg der vier Schweden zu Weltstars, die bis zum Ende des Jahrzehnts erfolgreicher waren als alle anderen. Vor allem Australien und das Vereinte Königreich flippten aus – mit „Dancing Queen“ enthielt „Arrival“, man kann sich das heute gar nicht vorstellen, auch den leider einzigen Nummer-Eins-Hit der Band in Amerika.

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Abba sind nicht unbedingt eine „Nur Singles-Band“, aber ihre Singles sind in der Regel die stärksten Songs auf ihren Platten, sieht man vielleicht vom Schwanengesang „The Visitors“ (1981) ab, das als Konzept-Album funktioniert. Auch „Arrival“ bildet da keine Ausnahme. Der Albumtrack „Tiger“ schmückt in Lasse Hallströms „Abba – Der Film“ von 1977 zwar die prominente Position als erster Song – aber es sind vier Singles, die das Herzstück von „Arrival“ darstellen.

Benny, Anni-Frid, Björn und Agnetha, 1976.
Benny, Anni-Frid, Björn und Agnetha, 1976.

Sie aufzusagen allein ist wie ein Vaterunser. „Dancing Queen“, Knowing Me, Knowing You“, „Money Money Money“, und, in späteren Versionen, „Fernando“. Gigantisch. „Dum Dum Diddle“ dagegen oder „When I Kissed The Teacher“ schaffen bei Abba nicht den für jedes Lied stets neu in Angriff genommenen, wichtigen Sprung vom selbstvergessenen Spaß zum Pop mit Botschaft.

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Diese vier Auskopplungen zeigen unterschiedliche Facetten der Band. Am ähnlichsten dürften sich noch „Dancing Queen“ und „Money Money Money“ sein, weil sie von Aufsteiger-Geschichten bzw. geplatzten Träumen erzählen. „Dancing Queen“ überrascht wegen seiner Struktur, da es den Weg einer grauen Maus zur Königin der Tanzfläche darstellt, aber gleich mit dem Refrain statt der Strophe beginnt (die Hitformel!). „You can dance, you can jive …“ So wussten Hörer gleich, wohin sich die junge Frau entwickelt, die Story wird rückwärts berichtet. Abba schrieben es eigentlich zur Hochzeit von König Gustav mit Silvia Sommerlath, die im selben Jahr stattfand. Bis heute aber ist „Dancing Queen“ für alle da.

Mexikaner am Lagerfeuer

„Knowing Me, Knowing You“ schilderte erneut die Perspektive des Vorjahres-Hits „SOS“. Spannungen innerhalb der zwei Paare Benny Andersson/Anni-Frid Lyngstad und Agnetha Fältskog /Björn Ulvaeus waren damals zwar noch nicht bekannt. Mit „In these old familiar rooms, Children would play, Now there’s only emptiness, Nothing to say“ schufen sie jedoch traurige Zeilen für die Ewigkeit, die bis heute zitiert werden, wenn es um die seit 1982 anhaltende Band-Pause geht.

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„Since many years I haven’t seen a rifle in your hand“ war als Gedanke nicht weniger überraschend als derjenige zur Trennung von Liebespaaren, aber mit „Fernando“ widmeten sich Abba fremder Historie, wie sie es davor und danach selten versuchten. Das Lied handelt von „zwei mexikanischen Revoluzzern, die am Lagerfeuer sitzen und an alte Zeiten denken“. Der eher schunkelnde Rhythmus weckte Nostalgie, wie es viele Schlager taten, die in den Siebzigern mit der Sehnsucht nach dem Fremdem spielten. „Fernando“ erschien mehr als ein halbes Jahr vor dem Album – es war die erste Standalone-Single von Abba – wurde späteren „Arrival“-Editionen aber beigefügt.

Für Abba ging es danach berauschend weiter, bis hin zu „Super Trouper“ von 1980. Nach heutiger Musikzeitrechnung bilden vier Jahre keine große Etappe aus lauter Einzelschritten mehr – viele bedeutende Bands schaffen in vier Jahren nur noch eine einzige Albumveröffentlichung. Abba jedoch würden nicht nur noch ihren Kino-Film bringen, sondern mit „The Album“ (1977), „Voulez-Vous“ (1979) und eben „Super Trouper“ noch drei Hit-Platten in Folge – und mit „The Visitors“ von 1981 einen Abschluss, den auch die meisten Kritiker heute zu würdigen wissen.

„Arrival“ erscheint zum 40. Jubiläum als gemasterte, limitierte Half-Speed-Pressung auf Vinyl. Darauf enthalten: Liner Notes des schwedischen Journalisten Jan Gradvall, der mit dem damaligen Produzenten Michael B. Tretow ein neues Interview führte.

© Michael Putland / Retna UK