Abba

„The Visitors“ – ihr letztes Meisterwerk

Universal (VÖ. 1.12.)

Das letzte Studioalbum der Schweden

Ausgerechnet das letzte Werk sollte ihr erstes „Album-Album“ sein, also keines, das selbst per Shuffle immer denselben Eindruck hinterlässt, sondern den Abschied zweier getrennter Ehepaare stringent von Song eins bis neun erzählt. Die verdiente Wichtigkeit der 1981 erschienenen, vielleicht besten, zu ihrer Zeit aber unpopulären Platte (die erste seit 1975 ohne eine UK-Nummer-eins) spiegelt auch die aktuelle Setlist der „Voyage“-Konzerte wider: Mit dem Titellied, das die Beatles-Psychedelia von „Tomorrow Never Knows“ mit New Wave verknüpft, eröffnen die Abbatare ihre Show, und Fridas trauriges „When All Is Said and Done“, in Best-ofs zuvor ignoriert, ist heute ein Mittelpunkt der 20-Song-Revue.

„Soldiers“ verlagert private Kämpfe in einen echten Krieg, anders als „Fernando“, das noch Rollenprosa war. „Like an Angel Passing Through My Room“ wurde von Elvis Costello und Anne Sofie von Otter gecovert – späte Würdigung durch Songwriter wie Opernsängerinnen. Der Höhepunkt Agnetha Fältskogs als Interpretin findet sich in „Slipping Through My Fingers“, das von der rasenden Zeit berichtet, innerhalb derer die eigenen Kinder dem Zuhause entwachsen. „I Let The Music Speak“ bietet durch seine Musical-Intonation bereits eine Vorausschau auf die späteren Arbeiten Björn Ulvaeus‘ und Benny Anderssons. Ulvaeus weiß, dass er kein guter Sänger ist, deshalb singt er nur spitzbübische Nummern wie „Does Your Mother Know“ vom 1979er-Album „Voulez-Vous“, deren Gefühle nicht authentisch wirken müssen. Mit Müttern hat er es aber. Hier trägt Ulvaeus „Two For The Price Of One“ vor – das einzige fröhliche Lied auf „The Visitors“ –, eine Threesome-Fantasie, die sich am Ende als enttäuschtes Treffen nicht mit zwei Töchtern, sondern Tochter und Mama entpuppt.

Das Werk liegt nun als Doppel-LP im Half-Speed-Remaster vor – nach spätestens drei Liedern muss man also aufstehen und die Plattenseite wechseln. Aber das sollte einem der Aufwand für dieses brillante Album auch wert sein.