Antonia Baum Tony Soprano stirbt nicht



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Der Vater der 30-jährigen Icherzählerin ist mit dem Motorrad verunglückt und liegt im Koma. Seine Tochter, eine Schriftstellerin, glaubt anfangs, dass „ich das Leben nicht lesen kann wie einen Roman, in dem Zeichen versteckt sind“. Dennoch klammert sie sich an medial vermittelte Wunder, zum Beispiel daran, dass der Serienheld Tony Soprano lange im Sterben lag – dann aber überlebte. „Und wir alle wussten, dass er überleben würde.“ In der Realität ist sein Darsteller, James Gandolfini, im Sommer 2013 allerdings überraschend gestorben. Was ist nun wahr? Lebt Tony? Im Roman werden alle Handlungen mit eingeübten Mediencodes kurzgeschlossen. Daneben sind Spekulationen gestellt, darunter eine wahnsinnig starke Totemgeschichte über den irgendwann verunglückten Familienhund und dessen Verhältnis zum Vater. Schlichtes Buch, rasante Literatur. Ein hypernervös schnell erzähltes Requiem auf einen Menschen, der (noch) nicht tot ist – von einer Erzählerin, die im Kontrast zu dieser Hypernervosität ihre Worte ausgesprochen überlegt setzt. (Hoffmann & Campe, 18 Euro)


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