Big Star – In Space

Als das letzte Mal ein komplettes Album von Alex Chiltons Band Big Star erschien, war Gerhard Schröder gerade zum Bundesvorsitzenden der Jusos gewählt worden, der Papst hieß Paul VI., und Muhammad Ali holte zum dritten Mal den Weltmeistertitel. Wer sich die Mühe sparen will, nachzuschauen: Es war das Jahr 1978.

Doch obwohl seit der Veröffentlichung von „Third/SisterLovers“ fast 30 Jahre vergangen sind, trifft „In Space“ nicht wirklich aus heiterem Himmel ein.

Schon seit Jahren ziehen Alex Chilton und Jody Stephens mit Jon Auer und Ken Stringfellow, die sie sich bei den Posies geborgt haben, immer mal wieder als Big Star durch die Clubs. Chilton wies zwar unentwegt daraufhin, daß man nicht mit einer neuen Platte rechnen dürfe. Aber man weiß ja, was von solchen Beteuerungen im Musikgeschäft zu halten ist Neu klingt „In Space“ allerdings tatsächlich nicht. Ein bißchen liegt das wahrscheinlich daran, daß das Album im Ardent Studio in Memphis entstand, wo in den 70er Jahren auch die anderen drei Big Star-Alben aufgenommen wurden.

Vor allem aber an Chiltons Verständnis für Songs und Arrangements. Der Sixties-Sound voller Byrds-Gitarren („Feburary’s Quiet“) und Background-Chöre („Lady Sweet“) übertönt sanft die Düsterkeit, die man sonst von Chilton gewohnt ist. Das Blues-Schema wird gleich mehrmals twangig aufgehellt („Do You Wanna Make It“, ,A Whole New Thing“), und durch den Hippie-Funk „Love Revolution“ hüpfen ein schräges Saxophon und ein nervöser Baß aufgeregt durcheinander.

Dabei hätte schon „Turn My Back On The Sun“ gereicht, um uns klar zu machen, wie sehr wir Big Star vermißt haben: Wie einen da Chilton auf die falsche Fähre von Brian Wilsons „Wouldn’t It Be Nice“ lockt (das Big Star auch gerne bei ihren Shows ins Programm nehmen), hat Stil und macht das Album zu einem ganz großen Retropop-Ereignis. Trotzdem: Der Blick in die Tiefe, der Big Star in den Siebzigern ausgezeichnet hat, fehlt auf „In Space“. Aber Schröder ist ja auch kein Juso mehr, und der Papst heißt jetzt Benedikt XVI. Nur Ali ist immer noch der Größte.

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