Billy Idol
„Dream Into It“
Dark Horse/BMG (VÖ: 25.4.)
Selbst drei Frauen können den Punk-Pop nicht retten.
Für manche ist Punkrock immer das ganze Leben geblieben, für andere nur „eine Phase“. Letzteres ist eventuell gesünder, wie uns nun Billy Idol im auch schon 70. Lebensjahr beweisen möchte, in dem er uns diese Phase einfach noch mal vorführt. Im Video zur Vorabsingle „Still Dancing“ (na, klingelt’s?) lässt Idol ein jüngeres Actor-Alter-Ego wilde Clubnächte nachstellen und durch künftige Platten stöbern, zieht als echter Billy von heute routiniert den Zeigefinger und scheut sich auch nicht, noch einmal die Brixton Riots aufzurufen und Joe Strummer kurz von einer Plakatwand herunterschauen zu lassen.
Vielleicht ist Punkrock für ihn ja doch immer das ganze Leben geblieben?
Steve Stevens quält seine Gitarre. Leider ist „Still Dancing“ als skrupelloses Zitat in eigener Sache schon der Höhepunkt seines ersten Albums seit einer Dekade, das dankenswerterweise so kurz ist, wie es Platten anno 1977 waren – aber auch durch gleich drei Frauen als Gäste nicht wirklich zu retten. Im Clinch mit Alison Mosshart (The Kills) traut sich Idol immerhin noch, „John Wayne“ zu sein, mit Avril Lavigne und „77“ gelingt ihm Okay-Punk-Pop. Aber „Wildside“ ist so verwegen wie ein Tote-Hosen-Song auf einer CDU-Wahlparty. Wurde Joan Jett für ihren Auftritt narkotisiert?
Dazu abgestandene Nostalgie („Too Much Fun“), lahme Reue („People I Love“), Liebesnotizen aus der Gruft („I’m Your Hero“). Dafür, dass Punk für ihn nur „eine Phase“ war, hat Idol danach wenig Interesse an anderen Phasen, sprich Weiterentwicklung, gezeigt. Muss ja auch nicht, wenn dabei nur „Cyberpunk“ und das schlechteste VU-Cover ever („Heroin“) herauskam. Ernüchternd an „Dream Into It“ ist vielmehr, dass Idol das, was er gut konnte, auch nicht mehr kann. Vielleicht ist Punkrock für ihn ja doch immer das ganze Leben geblieben? Auch wenn er es immer noch wie nur „eine Phase“ klingen lassen kann.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 5/25.