Cate Le Bon
„Michelangelo Dying“
Mexican Summer (VÖ: 26.9.)
Die Waliserin findet Erlösung in eleganten Pop-Utopien.
Die konservative Lesart könnte so gehen: Cate Le Bon hat sich mit ihren letzten Platten immer weiter in die Abstraktion zurückgezogen, das Enigmatische gesucht. Aber man könnte die Entwicklung der Songschreiberin auch andersherum interpretieren, als Bewegung hin zu mehr künstlerischer Freiheit und einer eigenen musikalischen Sprache. Diese Bewegung setzt „Michelangelo Dying“ mit größtmöglichem Willen zur Ästhetisierung fort. Nach dem Ende einer existenziellen Liebe stand Le Bon der Sinn nicht nach Seelenschau. Sie wollte Kunst.
Das Ergebnis ist beeindruckende Pop-Avantgarde irgendwo zwischen Kate Bush, PJ Harvey, Julia Holter, Roxy Music und John Cale. Letzteren lädt sie im sediert in den Wahnsinn strudelnden „Ride“ zum walisischen Generationenduett. Die Synthesizer- und Saxofonflächen von „Mothers Of Riches“ träumen die melancholische Utopie von „Avalon“. Cate Le Bon heilt ihre Wunden in einer luxuriösen Parallelwelt.
Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 10/2025.