Chuck Willis – The Complete Okeh/Epic/Columbia Recordings 1951-1956 :: Sundazed
Johnny Ace ist Kult, Chuck Willis nicht. Johnny riskierte am Heiligabend 1954 hinter der Bühne einmal zu oft beim Russischen Roulette sein Leben – und verlor. Chuck starb ganz gewöhnlich – gerade mal 30 geworden – auf einem Operationstisch an durchgebrochenen Magengeschwüren. Keine Todesart, die Kult-Status begründen würde.
Rider“-Blues – kongenial unterstützt von Arrangeur Jesse Stone und Produzent Jerry Wexler – so zu eigen, dass seine Deutung die Blaupause für künftige Generationen wurde. Eigentlich hätte er schon mit seiner Aufnahme von Sugar Chile Robinsons R&B-Klassiker „Caldonia(What Makes Your Big Head So Hard?)“ den Durchbruch schaffen müssen. Aber der gelang ihm erst ein halbes Jahr später mit der bluesig-soulvollen Ballade „My Story“.
Für Chuck Willis jedenfalls war das eine so lehrreiche Erfahrung, dass er ab sofort neben den Blues-Shouter auch immer den romantischen Crooner gab. Mit Balladen wie „Don’t Deceive Me“ und „You’re Still My Baby“ hatte er während seiner Okeh-Ära die nächsten großen Hits, und wer bei Aufnahmen wie „Baby Have Left Me Again“ nicht hört, dass Elvis in seinem Balladen-Vortrag ganz erheblich vom jungen Chuck W. beeinflusst war, der ist taub. „I Feel So Bad“ fand der so gut, dass er diese Willisforlage unbedingt aufnehmen musste. Das war Mitte 1954 Wilis‘ letzter Hit für Okeh.
Viele der rund zwei Dutzend Aufnahmen, die er danach für die Firma machte, waren keinen Deut schlechter. Die eine oder andere ein wenig „sound-alike“ zuviel vielleicht. Aber nachdem er bei den Ertegun-Brüdern unterschrieb, machte er mit „It’s Too Late“ und „Whatcha‘ Gonna Do When Your Baby Leaves You“ bei Atlantic genau da weiter, wo er beim vorigen Label aufgehört hatte. Hier sind sie alle – diverse Studio-Outtakes der Okeh-Jahre erstmals auch. Einschließlich des guten Ratschlags, den man damals auf seinen Schellacks und Singles fand: „For perfect tone use Columbia needles!“ Rührend.