Cowboy Junkies – At The End Of Paths Taken
Am Anfang reichen vier Zeilen, von Margo Timmins mit unnachahmlicher Noblesse gesungen, um das Große im Kleinen heraufzubeschwören. „Mouths to feed, shoes to buy, rent to pay, tears to dry.“ Wohlgemerkt: dry. Wir sind hier schließlich am Ende aller schon beschrittenen Wege, wo das Herz längst nicht mehr so zart ist wie die Versprechen, die es mal gemacht hat, und damit auch bei einem Sequel zu „Miles From Our Home“ (1998) mit Produzent John Leckie wohl der letzte Versuch der Kanadier, ein größeres Publikum ins Visier zu nehmen. Damals war der Opa gestorben, und die Junkies versiegelten ihre Trauer in großen Songs wie „No Birds Today“ und „Those Final Feet“.
Für „At The End Of Paths Taken“ hat sich Bruder Michael Timmins nun explizit des Themas Familie angenommen, ein Mikrokosmos, in dem die fatalistische Ader, welche den Junkies schon immer auf der Stirn stand, bekanntlich besonders dickes Blut befördern muss. Was nicht heißt, nicht die Wahl zu haben, zumindest im Clinch mit der Welt da draußen. Und doch hat es etwas ebenso Bedrohliches wie Befreiendes, wenn Margo singt: „Brand new world, I can’t relate, let’s just chose to not participate.“
Ihre musikalischen Mittel wählt die Band inzwischen mit einer stupenden Souveränität, aber jenseits vordergründiger Cleverness. Da ist fast alles drin, vom Hoffnungsschimmer „Someday Soon“ als verspieltes Akustik-Duett bis zum dumpf brütenden „Cutting Board Blues“. Immer wieder: famos arrangierte Streicher! Wie sie in „Spiral Down“ den Abwärtssog illustrieren, im dunklen „Follower 2“ eine Pizzicato-Wand errichten, im fließenden „It Doesn’t Really Matter Anyway“ die Geisterstimmen umspielen. Und wo wohnt Gott? Hier nicht. Die Junkies misstrauen dem „Blue Eyed Saviour“, der Unsterblichkeit predigt, und dann stehen die Timmins fassungslos vor diesem „Mountain“, der so unfassbar rätselhaft in die Höhe gewachsen ist, in all den Jahren. Jungen Eltern wollen die Cowboy Junkies natürlich Mut machen mit diesem Album. Und wie: „My only guarantee, I will fuck you up“, singt Margo Timmins zu Klavier und Akustik-Gitarre so, wie nur sie so was singen kann. Dann hat ein Kinder-Chor das letzte La-la-la. Und sieht glatt vier Sterne.