Dion :: Wonder Where I’m Bound
Später Comeback-Versuch des früheren DooWop-Virtuosen
Endlich weg von der Nadel und nach vielen Jahren wieder bei Laurie Records wie in seiner Teen- Idol-Ära mit den Belmonts, war dem mittlerweile fast vergessenen und aus dem Geist des Folk Rock wiedergeborenen Dion DiMucci unerwartet großer Hitparaden-Erfolg beschieden. Das kurz nach der Ermordung von Robert Kennedy aufgenommene „Abraham, Martin and John“ schaffte es auf Platz 4 der meistverkauften Singles, und für das folgende Album-Projekt – sein bislang ehrgeizigstes überhaupt – wählte er aktuelle Klassiker aus dem Repertoire der angesagten Songschreiber aus: Leonard Cohen, Stevie Wonder, Joni Mitchell, Fred Neil und Bob Dylan. Wobei man ihn wiederum stimmlich bei „Tomorrow Is A Long Time“ fast mit Fred Neil hätte verwechseln können. Was irgendwen bei Columbia daran erinnert haben muss, dass man ja längst ähnlich hochkarätige Cover-Versionen von ihm vorliegen hatte.
Die überzeugten die A&R-Leute bei Columbia so weit, dass sie den früheren Dylan-Produzenten Tom Wilson engagierten. Nicht nur „Knowing I Won’t Go Back There“ hat mehr als einen Anflug von „My Back Pages“-Klasse, es erinnert heute auch stark an große Songs des frühen Tim Buckley. Das Hit-Potenzial des von Wilson famos produzierten Folk-Rockers „Wake Up Baby“ erkannte offenbar niemand bei Columbia. Bei „Now“, dem vielleicht besten unter diesen Originalen, erinnerte sich Wilson an seine „Bringing It All Back Home“-Arrangements, ließ dem Song aber all seine Pop-Qualitäten. Dion ist ganz groß in Form bei Woody Guthrie („900 Miles“ als Bossa, aber alles andere als übel) und dem von Brownie McGhee gelernten Traditional „Southern Train“, dem fulminantesten Folk-Stück der Platte.
Aber das alles gefiel bei Columbia so wenig wie seine jazzige Deutung von „Baby, Please Don’t Go“ (die stark an Ray Charles „angelehnt“ war, um das so zu formulieren) oder die schon die Psychedelik-Ära vorwegnehmende Produktion von Willie Dixons „The Seventh Son“. Das hastig aus Sessions der Jahre 1963 bis 1965 zusammengestellte Album liegt hier erstmals auf CD vor. (cherry red/rough trade) franz schöler