Faust

„The Faust Tapes“

Bureau B (VÖ: 26.8.)

Damals Krautrock im Sonderangebot, heute de luxe

Bevor er Milliardär wurde und ins Weltall aufbrach, hatte Richard Branson einige brillante Ideen, was die Vermarktung von Musik anging. Dem völlig unbekannten Bassisten von Kevin Ayers’ Band The Whole World ermöglichte er 1973 das Solodebüt „Tubular Bells“ – mit fünf Millionen verkauften Einheiten ein sehr gutes Investment. Mehr oder weniger zeitgleich erschien auf Virgin auch das dritte Album der Krautrock- Berserker Faust: „Die Gruppe möchte klarstellen, dass es sich hierbei nicht um ihr drittes Album handelt, sondern um eine Bonus-Veröffentlichung – die zum Preis einer Single verkauft wird – anlässlich ihres Vertragsabschlusses mit Virgin Records, für die sie in Kürze ihr nächstes offizielles Album aufnehmen werden“, tönte es auf dem Cover.

Ein Tanz in der Sonne unter dem Einfluss einer kräftigen Dosis LSD

Der Preis war verlockend: Für unschlagbare 49 Pence holten sich 50.000 Engländer ein Stück echte Avantgarde in ihr Wohnzimmer. Dabei waren die „Faust Tapes“ eigentlich nur eine Art Resteverwertung. In den drei Jahren, die die Musiker im niedersächsischen Wümme zusammen lebten und arbeiteten, nahmen sie fast jede Session auf. So entstand eine Sammlung von an die 5000 Tonbändern. Die Musik des Albums ist extrem heterogen, trotzdem sind die „Faust Tapes“ das vielleicht zugänglichste Werk der Band. „Flashback Caruso“ oszilliert zwischen frühen Pink Floyd und DIY-Indie Pop, ein Tanz in der Sonne unter dem Einfluss einer kräftigen Dosis LSD.

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„Voices And Trumpet And All“ lässt kurz ein paar dunkle Noise-Wolken vorüberziehen, bis im nächsten Stück der Post-Punk schon vor dem Punk erfunden wird. „J’ai mal aux dents“ ist ähnlich wuchtig und genauso catchy wie „It’s A Rainy Day, Sunshine Girl“ vom Vorgängeralbum „So Far“. Der Gesang funktioniert wie ein Mantra. Die vom Saxofon dominierten Klangexplosionen sind nah am Free Jazz. „Es war ihre Hartnäckigkeit auf ihrer gesamten Reise, die Faust heute so legendär macht“, schwärmt der Krautrock-Experte Julian Cope. Dem ist nichts hinzuzufügen.