
Bevor „Tango In The Night“ 1987 einschlug, galten Fleetwood Mac als klassische Westcoast-Band der 70er-Jahre, die nicht im neuen Jahrzehnt Fuß fassen konnte. Und die Dekade war schon fast vorbei. Zwar wurde das Album ein Überraschungserfolg, aber allein die Anzahl der hier beigefügten Remixes zeigt, wie generalstabsmäßig der Angriff auf die Maxi-Single-Ära der Achtziger geplant war. 14 (!) Extended- oder Dub-Versionen beinhaltet die Deluxe-Edition, gar eine „Bonus Beat“-Fassung, was immer das ist, von „Family Party“. Die Dinos waren zurück in den Charts. Platzierten sich neben George Michael, U2 und Michael Jackson.
Schade, dass bei der Fülle von Alternativanfertigungen jene von „Big Love“ nicht darunter ist, die auch auf der Bühne zum grandiosen Standard wurde: Lindsey Buckingham an der Akustikgitarre, atemlos, weil seine große Liebe nicht ewig mit ihm verweilen will, in seinem „House On The Hill“.
Ohne McVie nicht viel los
Heute lieben Hipster „Tango In The Night“, Vampire Weekend coverten Christine McVies „Everywhere“. Sie komponierte auch den zweiten Hit, „Little Lies“. Wie schön ihre Songs sind, offenbarte sich bei den Fleetwood-Mac-Konzerten ab den Nullerjahren – weil sie dann fehlten. Die Keyboarderin war ausgestiegen, die Kollegen fassten ihre Lieder nicht an.
Die Schwäche von „Tango In The Night“ liegt in Buckinghams Produktion: Die Platte klingt nach Fliegengewicht, hat zu wenig Schweiß und zu viel Haarspray, Lieder wie „Isn’t It Midnight“ erinnern an die Kenny-Loggins-Nummern aus „Top Gun“.
Leadsängerin Stevie Nicks, frisch aus der Reha gekommen, trank bei den Aufnahmen weiter und ist hier deshalb auch kaum vertreten. Sie glaubte nicht an das Comeback, ihr „Seven Wonders“ ist desinteressiert eingesungener Schlager. Im Suchtklinik-Song „Welcome To The Room … Sara“ häufen sich die Gemeinplätze.
Buckingham sollte die Band bald fürs Erste verlassen. Die Ironie: Es war der Erfolg von „Tango In The Night“, der die Musiker vor der endgültigen Trennung bewahrte. (Rhino/Warner)
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