Guido Crepax :: Valentina

Raus aus der Schmuddelecke, rein ins Museum der Popkultur in Form eines Prachtbands. Dieser versammelt die „Valentina“-Geschichten des 2003 verstorbenen italienischen Comiczeichners Guido Crepax, die Mitte der 60er- bis Anfang der 70er-Jahre erschienen. Ob des erotischen Gehalts gern als „Comic für Erwachsene“, also als Schweinkram, abgetan, entfaltet sich darin ein Panorama der Pop-Art wie auch der Hochkultur; die Anspielungen und Zitate reichen von Komponisten wie Alban Berg und Paul Hindemith über Maler wie Lucas Cranach und Velázquez bis hin zu Kafka und Popeye. Crepax’ seinerzeit gewagte Seitenkompositionen – Umberto Eco spricht in seinem Vorwort zu dieser Ausgabe von der „Syntax des Layouts“ – setzten neue Standards für die Neunte Kunst. Er zerlegte das Bild, zoomte heran, ließ sich von der filmischen Montage inspirieren und erschuf mit grafischen Mitteln eine Gleichzeitigkeit.

Angefangen hatte der 1933 geborene Crepax, der in seiner Geburtsstadt Mailand Architektur studierte, als Illustrator von Buchumschlägen und Schallplattencovern, unter anderem für Platten von Fats Waller, Charlie Parker oder auch für „Nel blu dipinto di blu“, besser bekannt als „Volare“, von Domenico Modugno. Doch berühmt machte ihn erst eine Nebenfigur der Geschichte „Die Lesmo-Kurve“: die Fotografin Valentina, die alsbald ins Zentrum des Geschehens rücken sollte. Aufreizend ist sie, emanzipiert und unternehmungslustig, ein Kind und Klischee der Swinging Sixties. Ihr kecker Pagenschnitt ist eine Reverenz vor der von Crepax verehrten amerikanischen Schauspielerin Louise Brooks, die u. a. auch in Berlin mit G. W. Pabst die frei- zügigen Skandalfilme „Die Büchse der Pandora“ und „Tagebuch einer Verlorenen“ drehte und mit der der Zeichner in den Siebzigern gar einen Briefwechsel führte.

Valentinas Abenteuer in Schwarz-Weiß bewegen sich zunächst im Rahmen des Krimi- bzw. Superhelden-Genres, werden alsbald aber zunehmend surrealer und anzüglicher. Zum lüsternen Feixen dürften sie kaum anregen, doch gehen einem angesichts eines solchen Reichtums gestalterischer Mittel die Augen über.

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