Paul Thomas Anderson :: Inherent Vice

Thomas Pynchons Romane gelten gemeinhin als unverfilmbar. Anderson, der sich als erster Hollywood-Regisseur trotzdem ranwagt, hatte sich ursprünglich „Vineland“ ausgesucht, gab jedoch den Versuch, den Irrwitz der Story in ein griffiges Drehbuch zu übertragen, bald wieder auf. Stattdessen knöpfte er sich das weniger komplexe „Inherent Vice“ vor, das in Andersons Geburtsort und -jahr spielt: Los Angeles, 1970.

Nicht dass „Inherent Vice“ leichter Stoff wäre: Joaquin Phoenix spielt darin den dauerbekifften Privatdetektiv Larry „Doc“ Sportello, komplett mit Neil-Young-Backenbart und Jesuslatschen, der auf der Suche nach seiner verschwundenen Ex-Freundin in ein immer dichter werdendes Netz mysteriöser Fälle verwickelt wird. Die Fäden ziehen durchgeknallte Bauunternehmer (Eric Roberts), koksende Zahnärzte (Martin Short) und ein ominöses Heroin-Kartell namens The Gold-en Fang. Wie ein angeschlagener Boxer taumelt Doc durch das von den Manson-Morden traumatiserte L.A., wird dabei ab und an von spirituellen Hippie-Chicks und saxofonspielenden Ex-Junkies aufgepäppelt und unterstützt, nur um gleich darauf von korrupten Cops oder brutalen Nazi-Bikern wieder zu Boden geschickt zu werden. Wenn er dazwischen Gelegenheit findet, kurz aufzuschauen, dann sieht er das vom Kameramann Robert Elswit perfekt im 70er-Jahre-Postkarten-Look inszenierte Los Angeles, und man spürt den Schmerz, der ihn dabei übermannt, geradezu physisch: der ganz große Katzenjammer nach dem Summer of Love.

Anderson gelingt der Balanceakt zwischen Pynchons ernsten, emotionalen Elementen wie Hoffnung und Sentimentalität und den leichten – Slapstick, Stoner-Humor – auch dank eines Ensembles, das mit extrem hohem Comedy-Talent überrascht. Jeder, der mal ein bisschen mehr als Bill Clinton inhaliert hat, kennt das Gefühl: leichte Verwirrung, großes Amüsement und einsetzende Paranoia. „ Inherent Vice“ lässt einen mit genau diesem Gefühl zurück.

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