Jeffrey Lewis 12 Crass Songs

Wenn Punk ein Aufstand zorniger junger Menschen war, dann waren die, die bei der Band Crass zusammen fanden, die zornigsten. Denn kaum hatten die Sex Pistols und The Clash ihre ersten Platten veröffentlicht, erklärte die Anarchocombo aus Essex den Punk bereits für tot. Punk sei zu einem billigen Konsumartikel verkommen, dem die Industrie längst den Stachel gezogen habe, heißt es bereits 1078 in „Punk Is Dead“: „Punk became a fashion just like hippy used to be/ And it ain’t got a thing to do with you or me“, skandiert Steve Ignorant wütend und desillusioniert ins Mikro.

Auch wenn die von Agitprop und Frustration durchsetzte Prosa der politischsten britischen Punkcombo der ersten Stunde heute etwas angestaubt wirkt, so erweisen sich die über Unterdrückungssysteme jeglicher Art, über Konsumterror, Kriegstreiber und Ausbeuter schimpfenden Songs als ernorm hellsichtig. Dass sich der New Yorker Songwriter Jeffrey Lewis in „12 Crass Sanas“ des Crass-Oeuvres angenommen und die Punkrockkracher mit Hilfe von Akustikgitarre, Billigkeyboard, Flöte oder Bongos in Anti-Folk-Nummern verwandelt hat, ist verdienstvoll. So ändert er „I Ain’t Thick, It’s just A Trick“ in eine raffinierte Mischung aus Rap und Talking Blues, macht „Where Next Columbus?“ zu einem mit Streichern verzierten Lamento und lässt „Democrats“ psychedelisch daherkommen.

War „Punk Is Dead“ bei Crass eine atemlose Tirade auf die Verräter der Bewegung, so wird der Song bei Lewis zu einer von einer akustischen Gitarre und schwerfälligen Klavierakkorden getragenen melancholischen Geschichtslektion, die dem Verlust der Unschuld des Punk nachtrauert. Crass hatten im Original für den Ausverkauf des Punk nicht nur die Sex Pistols, sondern sogar Patti Smith verantwortlich gemacht. Lewis bleibt da vergleichsweise zahm und erklärt lieber „rockstar punk bands“ zu den Sündenböcken. Während sich Jeffrey Lewis sonst textlich zumeist mit Aktualisierungen begnügt —Sarah Jessica Parker ersetzt in „I Aint Thick. It’s Just A Trick“ Farrah Fawcett als Marionette des Svstems, in „The Gasman Cometh“ wird statt Irland der Irak das Ziel imperialistischer Gelüste —, hat er die meisten Nummern mit einer neuer Musik versehen, dreht perfide die Stimmung der Crass-Pamphlete und bleibt gerade dadurch werkgetreu. Auch wenn die nun auf einmal gar nicht mehr zornig, sondern wehmütig klingen,

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