Tim Miller :: Terminator – Dark Fate

Der vierte schlechte „Terminator“-Film in Folge, diesmal ausgerechnet mit dessen Erfinder James Cameron als Produzent. Lasst den Cyborg nach „Terminator 6“ endlich ruhen.

Die Rezension enthält Spoiler.

„Terminator: Dark Fate“ hat den vergangenen drei „Terminator“-Filmen, also demjenigen mit dem Sarg auf der Schulter, dann jenem mit Batman und schließlich dem mit der Khaleesi, etwas voraus. Er hat einen „Wow!“-Moment, gleich am Anfang, und für einen kurzen Augenblick ist sie wieder da: die „Terminator“-Magie. Das heilige Trio kehrt zurück, der T-800 (Arnold Schwarzenegger), Sarah Connor (Linda Hamilton), und, ja, Edward Furlong als John Connor, dem Jungen, der die Menschheit retten wird. Dass eine aus dem „T2“-Film von 1991 herausgeschnittene, gar in einem anderen Land spielende Szene existiert, sie in diesen Teil eingefügt und das bis zum Kinostart nicht bekannt gemacht wurde (und hiermit passiert ist, sorry, Spoiler!), ist eine kleine Sensation. Warum sie damals gedreht wurde, wird der Produzent und damalige Regisseur James Cameron sicher noch erklären. Wahrscheinlich ist, dass die kurze Sequenz damals ein Traum Sarah Connors war. Hier erhält sie einen neuen Sinn.

Update: Neuen Berichten zufolge wurde in „Dark Fate“ mit Körperdoubles gearbeitet, auf die De-aging-Gesichter der Originaldarsteller von 1991, also digital verjüngte Gesichter der Darsteller, gelegt wurden. Demnach wäre die Sequenz kein früheres Outtake, sondern für „Dark Fate“ neu gefilmt. Das war zum Zeitpunkt der Pressevorführung nicht bekannt.

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Die Szene steht für alles, was „Terminator 2: Judgement Day“ auszeichnete, und was „Dark Fate“ fehlt. Ein potent wirkender Terminator, Arnold mit bedrohlichen Körpermaßen. Eine Mutter, die um das wichtigste in ihrem Leben kämpft, einen Sohn. Und eben jenen Jungen, den man lieb gewann, nicht nur, weil er zum wichtigsten Mann des Planeten wird. Ab zirka Minute fünf schon ist der Rückblick vorbei, der eigentliche Film beginnt. Aber in Gedanken hängt man bis zum Abspann an diesen paar Minuten, vor allem, weil sie im neuen Kontext Respektlosigkeit gegenüber den Errungenschaften der Connors bezeugen, also dem Ende von Teil 2.

Terminator – Dark Fate, der Trailer:

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„Deadpool“-Regisseur Tim Miller und Produzent Cameron standen sicher vor dem Problem, John-Connor-Darsteller Edward Furlong nach 28 Jahren „Terminator“-Pause in eine Saga zu integrieren, die ihm inzwischen eindeutig eine Nummer zu groß ist. John abzumurksen ist die einfachste Lösung.  Dem heute 42-jährigen erging es nicht nur wie vielen Ex-Kinderstars, denen als Erwachsene keine Filmkarriere mehr gelang – sondern noch schlimmer als den meisten Ex-Kinderstars. Furlong rutschte ab, Heroin und Kokain, landete im Gefängnis, kriegt heute keine vernünftigen Rollen mehr. Er ist komplett außer Form, den „Anführer des Widerstands“ nähme ihm keiner mehr ab.

Furlong zu besetzen kam also anscheinend nicht in Frage. Das führt in der Geschichte jedoch zu einem Erdrutsch-artigen Chaos, das einem fast schon leid tut und voller WTF-Momente steckt.

Meint der Terminator das ernst?

Los geht’s: John Connor darf also nicht mehr am Leben sein, und seine Mutter Sarah darf nicht einfach nur trauern, sie braucht Hass als Antrieb. Das geht nur, wenn der Terminator Mörder des Jungen ist. Weil der Arnold-Terminator, der John umbrachte, in diesem Film aber nicht ihr Gegner sein darf, Hamilton und Schwarzenegger ja wieder als Team präsentiert werden sollen … pflanzt man der Maschine ein quasi-menschliches Bewusstsein ein, damit sie ihre Tat bereuen kann. Und es geht weiter: Damit Hamilton und Schwarzenegger außerdem wieder ein Team sein dürfen, wird der alt gewordene Cyborg als … texanischer Handwerker vorgestellt … mit Frau … und Ziehsohn … die ihn lieben … aber nur platonisch … denn er hat ja keinen ….. . Und der Terminator wechselt sogar Windeln. Das sorgt nicht für Lachen, sondern Gelächter.

Am Ende fasst die Mensch-Maschine ihre Emanzipation von den Computern so zusammen: Weil die Connors Skynet zerstört hatten, wurde der Mensch-Maschine die Freiheit geschenkt. Deshalb muss er die Frau, die ihn eigentlich jetzt zerstören will, einfach gernhaben. Sarah Connor lässt ihre Waffe sinken. Wer das sieht, glaubt einen so genannten „Spoof“ aus Late-Night-Sendungen von Fallon oder Kimmel zu sehen: Darin parodieren Stars ihre berühmten Rollen, vor allem solche aus dem Drama-Genre. Das Wiedersehen mit dem T-800 nach etwas mehr als der Filmhälfte markiert einen inkonsequenten Wechsel im Erzählton, von dem sich der Streifen bis zum Schluss nicht erholt – man erwartet Gags von Arnie, obwohl ab dem Zusammentreffen mit dem Terminator Rev-9 (Gabriel Luna) keine mehr kommen.

Und das alles, diese ganzen Story-Verbiegungen, gibt es streng genommen nur, weil der Edward Furlong von 2019 dem Publikum anscheinend nicht zu verkaufen war. John Connor ist zum Hindernis in einer Geschichte geworden, die sich wie von selbst erzählt hätte. Furlong darf sich totlachen über diesen Triumph seiner Machtfülle in Abwesenheit.

Heeeeere’s Johnny!

Johns Tod ist hart für die Mutter, aber Sarah Connor kann feststellen: „Du bist John!“. Eine Ersatz-Erlöserin ist auf den Plan getreten, und man sollte allein deshalb beten, dass es keinen weiteren „Terminator“ geben wird. Natalia Reyes als Dani Ramos, neue Heldin der bald ums Überleben kämpfenden Menschheit, ist für diese Rolle ungeeignet. Inmitten des Teams um Schwarzenegger, Hamilton und der am meisten ausgeleuchteten Figur, der Zeitreisenden Grace (Mackenzie Davis), wirkt die Schauspielerin wie jene zänkische kleine Schwester in einer Seifenoper, die unbedingt mit auf die Party der großen Schwester will, das dann auch darf und nonstop für Augenrollen sorgt.

Dass unser aller Retterin Mexikanerin ist, könnte zwar als Entschuldigung Hollywoods an das Nachbarland Amerikas, das Trump so hasst, interpretiert werden. Aber auch hier: Facepalm-Alarm. Etwa, wenn drüben Fabrik-Arbeitsplätze wegen zunehmender Automatisierung (Wink an den Terminator!) wegfallen oder eine US-Grenzbeamtin darauf besteht, dass im Auffanglager für illegale Einwanderer nicht von „Gefangenen“, sondern „Neuankömmlingen“ gesprochen wird. Nächstenliebe in Ehren, aber ein „Terminator“-Film soll doch nicht erzählen, ob Amerikaner und Mexikaner sich zusammenraufen, er soll erzählen, ob Menschen Maschinen besiegen können.

„Dark Fate“ bedient sich durchaus Terminator-Erzählmustern, es gibt eine „I need your Clothes“-Variation, der ja stets eine erste Begegnung des Cyborgs mit dämlich agierenden Menschen vorangeht; die Ereignisse der Zukunft werden, wie im ersten „Terminator“ von 1984, der Unwissenden während der gemeinsamen Flucht erzählt; und die Waffe der Wahl bleibt die Pumpgun, weil sie die dicksten Löcher verursacht und die Roboter dann so schön wegfliegen.

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Aber Tim Miller macht das, was er auch in „Deadpool“ fabriziert hat, hier nur ohne Humor: Er zeigt Mensch und Maschine als Comic-Figuren, die im Gefecht cartoonesk die Schwerkraft besiegen. Es gibt eine Konfrontation, die in Ultra-Hochgeschwindigkeit von einem hunderte Meter in der Luft befindlichen Flugzeug bis auf den Grund eines Staudamm-Sees führt, und der eine Übersicht fehlt, wen es wo warum verletzt hat, mal abgesehen davon, dass zumindest die beteiligten Menschen das unmöglich überleben könnten.

Diese Strukturlosigkeit wäre in „T1“ und „T2“ schon deshalb nicht denkbar gewesen, weil deren Regisseur James Cameron das beherzigt hat oder beherzigen musste, worauf jeder vernünftige Action-Fan über 18 sowieso besteht: Kampfszenen nur dann, wenn sie vollständig durch die Leistung von Stuntmen darstellbar sind. Das hat einen recht einfachen Grund. Zuschauer wollen in Action-Szenen nicht die Fähigkeiten der Figuren bestaunen. Sie wollen die Fähigkeiten der Schauspieler oder Stuntmen bestaunen. Körperliche Leistungen. Zur Erinnerung: Im bahnbrechenden „T2“ wurden 1991 dem Cyborg-Darsteller Robert Patrick allerlei Computer-Effekte auf den Körper geschmiert. Aber jeder Sturz, jeder Sprung, jeder Tritt stammte von einem realen Menschen.

Diese Fights hier, mit Figuren wie aus Gummi-Gelenken, sind unerträglich. Das kann nicht nur am Drehbuch liegen, denn der Verantwortliche, David S. Goyer, richtete sein bekanntestes Script, „The Dark Knight“, auf die Arbeit von Stuntmen aus. Produzent James Cameron, der Erfinder des 4. Akts in Actionfilmen, also des Action-Höhepunkts nach dem vermeintlichen Höhepunkt, hätte also schon in der Vorproduktion eingreifen und vor allem Regisseur Miller erklären müssen, wie Schmerzen darzustellen sind.

„Ich weiß, dass das wehtut“, sagte der Cyborg ja einst in „Terminator 2“ zu Sarah Connor. Zuvor hat er ihr sein Flüssigmetall-Messer in die Schulter gerammt. In „Dark Fate“ geschehen weit schlimmere Dinge, aber das alles federt sich hier einfach weg.

Wird sich dieser FX-Overkill rächen? Sollte „Dark Fate“ ein Flop werden, könnte dies das endgültige Aus für den Terminator bedeuten. Die zurückgekehrte Hauptdarstellerin Linda Hamilton, die hier fast nur in Einzeilern spricht, konnte die Sache, wie man sieht, nicht retten. Produzent Cameron auch nicht. Und Arnold war ja nie wirklich weg. Mit Tim Miller hat man den halbwegs hippsten Filmemacher engagieren können, der sich für einen sechsten Teil einer Reihe zur Verfügung gestellt hat, deren drei Vorgängerstreifen lupenreine Misserfolge waren und seinen Ruf hierfür aufs Spiel setzt. Mehr geht nicht.

Der Prolog, an das nichts vom eigentlichen „Dark Fate“ heranreicht, offenbart auch eine Seite am Terminator, die einem zuvor nicht bewusst war. Zum ersten Mal ist zu sehen, was der Cyborg macht, wenn er seine Top-Priorität, die Ermordung der Zielperson, erreicht hat. Also das, was ihm in allen voran gegangenen Filmen kein einziges Mal gelungen ist.

Er wirft seine Waffe weg, dreht sich um und geht. Die schreiende Sarah Connor ist nicht von Belang. Zurück in die Zukunft geholt wird er auch nicht. Der Rest ist ihm einfach egal.

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