More Rockers – Selection 2; Smith & Mighty – DJ Kicks :: Alternation/Intercord; K7/RTD

Schande! Ihre Nachbarn waren auf einmal alle Popstars, aber Rob Smith und Ray Mighty alias More Rockers mußten weiter im Abseits malochen. Während Massive Attack, Tricky und unlängstauch Roni Size zu Aushängeschildern des „Sound Of Bristol“ erhoben werden konnten, waren dem Drum’n’Bass-Duo durch einen ungeschickt ausgehandelten Vertrag mit einer großen Plattenfirma in den frühen Neunzigern die Hände gebunden.

Doch machen wir keinen Fehler: Die beiden sind federführend daran beteiligt gewesen, den „Sound Of Bristol“ zu entwickeln. Der hat zwar die verschiedensten Ausfbrmungen hervorgebracht, stellt aber keine amorphe Masse dar. Und so ist es eine schöne Begebenheit, daß jetzt zeitgleich mit „Selection 2“, dem zweiten regulären Album von More Rockers, eine Compilation unter dem Namen Smith 8C Mighty auf dem Berliner Label K7 erscheint. Die zwei Dancefloor-Pioniere nämlich nutzen die „DJ Kicks“-Reihe weniger, um einen gewöhnlichen DJ-Set hinzulegen, sondern zeichnen vielmehr ihre eigene Genese nach – die gleichzeitig auch die Genese elektronischer Musik aus Bristol überhaupt ist.

Mehr als der Drum’n’Bass im Rest Britanniens ist er hier ein Kind des Reggae. Einleuchtend und einheizend stellen Smith Ü& Mighty, die umfangreich auf eigene oder eigenproduzierte Tracks zurückgreifen, diese verwandschaftliche Beziehung nach und lassen dabei nicht die Gelegenheit verstreichen, noch einmal ihre Version von Burt Bacharachs „Walk On“ zu präsentieren, die Ende der Achtziger sowas wie einen Blueprint für jene Musik darstellte, die später als TripHop enorme kommerzielle Erfolge feierte. Aber auch das beschreibt „DJ Kicks“: wie Drum’n’Bass das Sprinten lernte. Während der Spieldauer von weit über einer Stunde ziehen Smith dC Mighty die schweren subsonischen Bässe des Dub an, um schließlich bei der rhythmischen Grandezza vom Jungle zu landen.

Auch die Tracks auf „Selection 2“ verleugnen nicht ihre Herkunft vom Reggae. Gern wird folgende Erkenntnis von Rob Smith weitergereicht: „With Drum’n’Bass you can go as fast as you like – or as slow aus you like.“ Und so schiebt sich hier unter hektisch prasselnden Breakbeats gemächlich die Seele des Reggae durch. Raga-Stimmakrobatik, digitalsierte Dub-Rhythmen, Halleffekte ohne Ende – das göttliche Prinzip wird hier nicht etwa von den Charts bestimmt, sondern noch immer von Jah. Und während im Rest von Drum’n’Bass-England der Champagner regiert, rollen sich die Menschen in Bristol erstmal eine Tüte.

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