Mott The Hoople

„All The Young Dudes“

Madfish (VÖ: 8.12.)

Die Glam-Rock-Neuerfindung dank David Bowie

Nach dem Erfolg des Debüts, das zwischen frühem bluesgeerdeten Hardrock und Dylan-Nachfolge oszilliert, kurzzeitig sogar die billigen Plätze der UK- und US-Charts besetzt, gehören Mott The Hoople zu den neuen Rock-Hoffnungen Anfang der Siebziger. Allerdings setzt sich diese „offenbar talentierte, aber verwirrte Band“ (Paul Nelson) so zwischen die Stühle, dass irgendwann nicht nur ihr Label, sondern auch beinahe sie selbst die Geduld verlieren. Nach einem vergeigten Gig in Zürich stehen sie kurz vor der Trennung, aber dann nimmt sich David Bowie als Produzent ihrer an. Bowie strafft ihre Kompositionen, verputzt ihre musikalischen Brüche mit Chören und großer Kapelle und schreibt ihnen auch noch einen Überhit auf den Leib.

Sie klingen eigentlich immer noch wie vier Bands, die Bowie hier unter dem Glam-Dach vereint

Unter der mit Glitter bestreuten Oberfläche erkennt man dennoch die stilistischen Verwerfungen. Neben typisch theatralischen Mott-Rockern wie „Sucker“ und „One Of The Boys“ stehen das Stones-Plagiat „Jerkin’ Crocus“, Ian Hunters melancholische Pianoballade „Sea Diver“, die Bowies Sidekick Mick Ronson mit einem String-Arrangement ins Melodramatische überformt, das schwiemelige Velvet-Underground-Cover „Sweet Jane“ und mit „Ready For Love/After Lights“ ein lethargischer Rocker, den Gitarrist Mick Ralphs bald darauf mit ein paar Kürzungen zu einem Bad-Company-Song ummodelt.

Sie klingen eigentlich immer noch wie vier Bands, die Bowie hier unter dem Glam-Dach vereint. Und mit dem aufgeblasenen, sexuell uneindeutigen Titelsong „All The Young Dudes“ trägt er sie auch noch eigenhändig über die Schwelle. Jetzt beginnen die zwei, drei Jahre, in denen Mott The Hoople wirklich Champagner schlürfen. Während der folgenden US-Tour schreibt Ian Hunter sein „Diary Of A Rock’n’Roll Star“. Die 50th-Anniversary-Edition würdigt diese hübsche Fußnote der Rockgeschichte auf die übliche üppige Weise mit einem guten Remaster, Alternativversionen, Session-Outtakes, Devotionalien-Kram und instruktiven Linernotes in einem 72-seitigen Buch.