Paul McCartney

Flowers In The Dirt

Mit Elvis Costello gelangen Paul McCartney 1989 meisterliche Songs, doch erst die Demos zeigen das Potenzial des Albums

Musikalisch fingen die Achtziger für Paul McCartney vielversprechend an: ein paar Hits, ein experimentelles und ein klassisches Album („McCartney II“ und „Tug Of War“). Doch das Trauma nach John Lennons Ermordung lastete schwer auf ihm. Nicht nur hatte er seinen Gegenpart verloren, der auch nach dem Ende der Beatles seine Kreativität zu beflügeln schien; aus Angst vor einem Attentat ging McCartney nicht mehr auf Tournee, was das Ende der Wings bedeutete. Bis dahin hatte vor allem die Aussicht auf Konzerte sein Songwriting angetrieben. Er versuchte sich stattdessen an einem Film („Give My Regards To Broad Street“), der unterging, und verwarf das unausgegorene Album „Return To Pepperland“. Für „Press To Play“ (1986) suchte er sich mit Eric Stewart (10cc) einen neuen Ko-Songwriter, doch die Platte floppte. Erst mit Elvis Costello, dessen Vorfahren aus Liverpool stammen, fand er jemanden, der ihn kreativ herausforderte wie einst Lennon.

Am Ende geht dem Album die Luft aus

Doch so richtig traute McCartney seinem neuen Partner, der das gemeinsame Werk am liebsten auch gleich produziert hätte, nicht über den Weg, und so hat „Flowers In The Dirt“ am Ende nur vier gemeinsam geschriebene Songs und viel zu viele Produzenten. Die Highlights – die beatlesken „My Brave Face“ (mit Costello) und „Put It There“ (Arrangement: George Martin), das epische, aus den „Return To Pepperland“-Sessions gerettete „We Got Married“ (mit Dave Gilmour) und das bezaubernde „Distractions“ (Arrangement: ­Clare Fischer) – zeigen McCartney auf der absoluten Höhe seiner Kunst. Doch gegen Ende geht dem Album die Luft aus.

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Wie gut diese Platte tatsächlich hätte werden können, zeigt nun die Deluxe-Edition des remasterten Albums, die sich auf den beiden Bonus-CDs ganz der Zusammenarbeit mit Costello widmet. Auf der zweiten CD gibt es von neun der Songs (zwei davon bisher unveröffentlicht) fabelhafte Akustikdemos, die jeweils direkt nach den Songwritingsessions entstanden sind, auf der dritten CD hört man Studio­demos dieser Songs mit ersten Arrangement-Ideen und McCartney am alten Beatles-Violinbass, den er auf Costellos Anregung hin entstaubte.

Eine DVD bietet zudem alle Musikvideos, eine Dokumentation der Aufnahmen mit dem Titel „Put It There“ und weitere Impressionen von den Sessions. Für die Single-B‑Seiten und Remixes aus jener Zeit muss man auf den beigelegten Downloadgutschein zurückgreifen, was ein bisschen ärgerlich ist – sollte eine so umfangreiche und teure Box, in der auch ein 32-seitiges Faksimile von McCartneys Notizheft, ein 64-seitiges Fotobuch und ein 112-seitiges Buch mit der gesamten Geschichte des Albums mit aktuellen Statements von McCartney und Costello enthalten sind, doch den Anspruch auf Vollständigkeit haben.

(Capitol/Universal)