Pere Ubu

In „The Book Of Hieroglyphs“ von 2012 erzählt David Thomas von einer Reise durch die Geisterstädte Amerikas. „Entlang von Landstraßen, über verlorene Brücken und an den Rändern der Interstates gibt es Orte, von denen man nicht weiß, dass man sie kennt“, heißt es im Klappentext. „Es gibt keine Karte auf der Welt, die einem sagt, wo sie zu finden sind. Eine Geschichte der Suche, eine Geschichte von gesichteten Leben.“ Buchautor Thomas, heute siebzig, ist der Kopf der Band Pere Ubu, Chronist und Verfasser dystopischer Songs, die wie Gespenster durch die (Post-)Punk-Ära schweben. Genau wie die Electro-Kollegen von Devo (Akron) kommen die Mitte der Siebziger formierten Pere Ubu (Cleveland) aus einer Industriestadt in Ohio, wo seltsame Pop-Entwürfe florierten.

Dystopische Songs, die wie Gespenster durch die (Post-)Punk-Ära schweben

Die Pop-Chroniken führen Pere Ubu als eine der einflussreichsten Bands des amerikanischen Undergrounds. Eine, die die Angst und das Chaos ihrer Zeit mit apokalyptischer Inbrunst und überraschender Menschlichkeit ausdrückt. Zwei opulente Boxsets vom UK-Label Fire Records ermöglichen es nun, das Wesen des Avant-Sextetts zu erforschen. „Elitism For The People, 1975–1978“ kommt als 4-Disc-Set mit Auszügen aus Pere Ubus „Scrapbook 75–82“, gestaltet von David Thomas persönlich, rare Fotos inklusive.

Im Zentrum steht das brausende Debütalbum, „The Modern Dance“ (1978), dessen Titeltrack eine Punkhymne mit Sound-Verfremdungen und einem wie irre klingenden Angstgesang ist. Dazu „Dub Housing“ und „The Hearpen Singles“. Box Nr. 2 enthält das bahnbrechende „New Picnic Time“, in einer Kritik bezeichnet als das „gruseligste Album, das je aufgenommen wurde“. Dazu „The Art Of Walking“ mit Mayo Thompson von Red Crayola, „Song Of The Bailing Man“ und die Bonus-CD „Architectural Salvage“ mit Outtakes und Kuriositäten. Platten von sonderbarer Schönheit, durchdrungen von Wahrheit, zuweilen tragisch und manchmal überaus schmerzhaft.