REPLAYS 2 :: von Bernd Matheja

Sie waren/sind die beste Begleit-Band der Welt, nicht mehr und nicht weniger: Booker T. Jones (Orgel), Steve Cropper (Gitarre), Lewis Steinberg/Donald „Duck“ Dunn (Baß) und Al Jackson jr. (Drums), kurz: BOOKER T. & THE MG’S. Jetzt wurde dem amerikanischen Schwarzweiß-Quartett das definitive Ton-Denkmal gesetzt. Die 3-CD-Box „Time Is Tight“ (Stax 3SCD-4424-2) präsentiert die coolen Southern-Soul-Weltmeister in angemessener Hülle (ein buchartiges Hochformat) und Fülle: 65 Titel aus den Jahren 1962 bis ’93, alle drei Scheiben sind randvoll. Die „Memphis Group“ war die Haus-Combo des legendären Stax-Labels, ist – vom Eigenausstoß abgesehen – auf rund 400 Tonträgern zu hören, meist jedoch ungenannt. Daß Fabel-Gitarrist Steve Cropper verschiedene Soul-Klassiker co-komponiert hat („Dock Of The Bay“, „In The Midnight Hour“, „Knock On Wood“), paßt nur zu gut ins Bild. Das klanglich vorzüglich restaurierte Werk ist konsequent gegliedert. CD 1 enthält 28 Tracks von ’62 bis ’68, inklusive Hits wie „Green Onions“, „Bootleg“, „Hip-Hug Her“ etc.; CD 2 (20 Titel) ist den folgenden zwei Jahren gewidmet und enthält die Highlights „Time Is Tight“, „Hang ‚Em High“ und „Melting Pot“ (Langfassung). CD 3 ist der Sahneklecks: Kooperationen satt, viele davon hier erstveröffentlicht: Live-Tracks, u. a. mit Albert King, mit Anton Fig & Jim Keltner, mit Boz Scaggs & Steve Potts und (August 1993) mit Neil Young, der sich bei „Dock Of The Bay“ als Otis Redding versuchte. 234 intensive Minuten lang wird hier hochrhythmisch, deep-bluesig und soulig gezaubert; wer sich einmal auf die unterkühlt brodelnde Mixtur aus Perfektion 8i. Gefühl einläßt, kann ihr nicht mehr entkommen. Das 50seitige Begleitbuch (detaillierte History, Cover, Super-Fotos) rundet ein meisterliches Reissue ab, das bei der Endabrechnung für 1998 ganz oben stehen muß. 4,0

Gute Idee mit leider fehlerhafter Umsetzung: „The Star-Club Singles“ (Star-Club/PolyGram 565 344). Das Preiswert-Projekt, dementsprechend ohne jede Text-Informationen im 3-CD-Mini-Schuber, weckt falsche Hoffnungen. Natürlich sind nicht alle Singles im Angebot; ferner wurden gleich mehrere Titel integriert, die rein gar nichts mit dem Label zu tun hatten; die Songauswahl der „echten“ Star-Club-Tracks (Ar &¿ RSeiten-Mix) ist zumindest streitbar. Daß einige Interpreten (u. a. die kompletten Pretty Things) aus rechtlichen Gründen fehlen, hätte einen textlichen Hinweis verdient gehabt. Nur eine weitere Box könnte all das halbwegs korrigieren, was aber sehr fraglich sein dürfte. Mehr als 2,0 sind hier nicht angebracht.

Wo TREMELOES draufsteht, ist garantiert auch echter „Happy-go-lucky-Pop“ drin. Mehr wollte die englische Band auch niemals inszenieren. Ihre 20 „Tremendous Hits“ (Music Club MCCD 303) sind hochsolider Party-Sound, der nicht selten wie „James Last mit Text“ wirkte. Alle 13 UK-Charter sind dabei, den 1983er-Nachzieher „Words“ hätte man sich verkneifen können. 3,0

Endlich geht’s rund mit Rory. Das Gesamtwerk von RORY GALLAGHER wird der Bearbeitung unterzogen, all zu viele Schluder-Veröflentlichungen wurden bislang dem Können und der Bedeutung des verstorbenen irischen Gitarristen nicht gerecht. Digitales Remastering, Bonus-Tracks und sorgfaltiges, mengenmäßig jedoch nicht überbordendes Info-Material gefallen durchweg. Im ersten Hieb gibt’s „Deuce“ (CAPO 102/von 1971), „Irish Tour“ (106/1974), „Calling Card“ (108/1976), „Photo Finish“ (109/1978) und „Fresh Evidence“ (114/1990; alle über BMG Ariola). Gallagher konservierte über immerhin zwei Jahrzehnte ein nahezu gleichbleibendes Niveau; sein Blues-Rock blieb dabei stets wohltuend spröde, verzichtete auf solistische Bauchpinselei und erkannte schon sehr früh, wie sinnvoll der Einsatz akustischer Gitarren in diesem Genre sein kann. Eine 4,0-Konstanz über alle fünf CDs, die zum Midprice angeboten werden, ist zu attestieren. Weitere Ausgaben sind in Vorbereitung.

Über HUEY LEWIS & THE NEWS und ihren speziell in Deutschland beliebten „adult rock-pop“ wird in Zukunft kaum noch jemand irgendwelche Worte verlieren. Das ordendiche „on-stage-sind-wir-aber-richtig-wild“-Sextett hat eigentlich nichts falsch gemacht, nur a bisserl sehr stromlinienförmig war’s schon; gerade so, wie’s viele Hiesige während der Ära Oggersheim vielleicht nicht kantiger verdienten. Die Debüt-LP der Amerikaner und „Picture This“ wurden remastered und auf BGO CD 417 zusammengefaßt Hier rein, dort raus – viel mehr ist ohrentechnisch eigentlich nicht zu sagen. Bliebe nach 2,0 nur die Frage: Wo bleiben gescheite Clover-CD-Aufarbeitungen? Denn unter diesem Namen war die Band von der US-Westküste Jahre zuvor richtig klasse, aber leider erfolglos…

Eine der unzähligen Randerscheinungen of Rock hört(e) auf die Firmenbezeichnung FLOATING BRIDGE. Geburtsort: Seattle. Baujahr 1969. Das Quintett um fünf noch heute Namenlose brachte einen einzigen Longplayer auf die Schiene, der als „Floating Bridge“ (Repertoire REP 4723) gelistet, aber auch mit dem Titel „Brought Up Wrang“ geführt wird. Das mit zwei Leadgitarristen praktizierende Team hat soliden bis guten, etwas unspektakulären (Blues-)Rock fast britischen Zuschnitts im Gepäck und überrascht dabei mit zwei langen Cover-Versionen: „Hey Jude“ und das Medley „Eight Miles High/I Paint It Black“, beide als Instrumentals nicht eben alltäglich. 3,5

Mit vier Titeln der Boots und einem von Screaming Lord Sutch ist „Live At The Liverpool Hoop, No. 2“ (Telefunken 3984-24120-2) nicht nur nominell besser ausgestattet als der Vorgänger. Dazu gibt’s auf der Beat/R&B-Sause von 1966 fünf Tracks von Edgar & The Breathless (auch bekannt unter dem wunderbaren Namen Eddie Si Die Atemlosen), die sich bei drei der Songs ab Begleit-Combo hinter die Engländerin Cherry Roland stellten. Wie und wo all diese angeblichen Live-Titel wirklich eingespielt wurden (und wer die ebenfalls vertretenen „Strangers“ tatsächlich waren), sei mal dahingestellt Fakt ist: deutsche Beat-Geschichte; Wert dementsprechend: historisch.

Schließlich SAM THE SHAM & THE PHARAOHS. Dringender Rat: „Pharaohization – The Best Of“ (Rhino R2 75329) besorgen und staunen! 3,0

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