ROOTS von Jörg Feyer

Frage an Radio Roots: Können Milchgesichter den Blues spielen? Im Prinzip schon, in diesem Fall ganz bestimmt: MIKE WELCH ist gerade mal 17, klingt wie sein heiserer Musiklehrer in Whiskey-Laune und hat obendrein schon so manche Weisheit intus, die doch eigentlich erst mit den Jahren kommen soll. Höre „It’s My Sin“ auf seinem zweiten, durchweg selbstgeschriebenen Album „Axe To Grind“(Tone Cool/inakustik): Mit Verve und Witz wandelt der von „Blues Brother“ Dan Ayckroyd liebevoll „Monster“ getaufte Youngster samt kompetentem Trio auf den Spuren von StevieRay sowie Albert King. 3,5

Ein physiognomisches Verwirrspiel beschert uns auch Miss MARY-ANN BRANDON, die in Nashville aufnimmt und auf dem Cover von „If Love Hurts“ (Taxim/TIS) glatt als Country-Lady durchgehen könnte. Doch die Blondine serviert ebenso anzüglich-lasziven („Heat Up The Oven“) wie sozialkritischen („Time To Kill“) Blues, der ihr auch als Autorin einen Aufstiegsplatz in die Sue-Foley-Liga in Aussicht stellt Texas und Tennessee sind sich manchmal doch näher, als man denken könnte. 3,0

Dem geliebten „Crescent City Moon“ (Zensor/Indigo) zu Füßen liegt JUMPIN‘ JOHNNY SANSONE. Sein feines Harp- und Akkordeon-Spiel geht in einem durchweg unterhaltsamen Roots-Bastard auf, der seinen Honig aus Blues, Zydeco und klassischem New-Orleans-R&B saugt. Gäste wie Sonny Landreth und die Iguanas-Bläser Derek Hiiston/Joe Cabral erhöhen den Nährwert des Louisiana-Gumbos. 3,5

When dreams come true: Aussie-Blueser DAVE HOLE durfte endlich das „Ticket To Chicago“ (Provogue/RTD) lösen und sich an der Wiege seiner Inspiration von lokalen Größen aus dem Buddy Guy-/Son Seals-Umfeld begleiten lassen. Semi-Legende Gene Bärge arrangierte die Bläser, Billy Branch packte seine Harp aus. Wer mehr Respekt vor wem hatte, konnte nicht abschließend geklärt werden. Holes Slide heult jedenfalls unbeeindruckt wie eh und je. 3,0

Ein genrepflegendes Come Together zelebriert auch JOE LOUIS WALKER auf seinem neuen Album: „Grate Guitars“ (Verve/Motor) ist gespickt mit großen Namen, aber bemerkenswert wenig Ego-Tripping, Sogar die reaktivierten Ikonen Ute Turner und Scotty Moore stellten sich in den Dienst eines stilistisch weitgreifenden Who’s Who der Blues-Gitarre, das Walker galant und souverän moderiert. Weiter gesichtet-Bonnie Raht, Otis Rush, Taj MahaL, Otis Grand u.a. 4,0

Im rezessionsgeplagten Nashville werden derweil die Lager geräumt, um Platz für den nächsten Hype zu schaffen. Wobei durchaus ordentliche Compilations für ratlose Novizen abfallen, die den Spreu vom Weizen trennen helfen. Wer zum Beispiel bisher nichts mit dem Namen LARI WHITE anfangen kann, darf jetzt einer zuverlässigen „Best Of-Sanunhing (RCA/ARIS) vertrauen, die auch ihre frühen und besten Arbeiten mit Rodney Crowell/Stewart Smith gebührend würdigt. 3,0 Nashville-Starautor Robert K. Oermann hält MARK CHES-NUTT für den legitimen Erben von George Jones. Man muß diesem Urteil nicht beipflichten, um zu erkennen, daß die aktuelle Honky-Tbnk-Szene ohne diesen knorrigen Typen aus Beaumont/Texas eine entscheidende Nuance ärmer wäre. Nachzuhören auf seinen „Greatest Hits“ (MCA/ARB), plus zwei neuen Songs. 3,5

Apropos: dreams. Daß er nochmal Tantiemenschecks aus Nashville in der Post finden würde, hätte sich Warren Zevon wohl kaum träumen lassea Doch Miss TERRI CLARK hievte sein „Poor, Poor Pitiful Me“ hoch in die Country-Charts und schickt mit Just The Same“ (Mercury/PMS) ein Album hinterher das die brünette Hut-Trägerin mit ihrem eher derben Jwang wiederum als eine der besseren Mainstream-Ladies des weiten Country-Landes bestätigt Zevon kann’s egal sein. 3,0

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