Roots von Jörg Feyer

Mary Chapin Carpenter – Party Doll And Other Favorites (Sony)

Im schwarzen Loch wird diese Ikone des besseren Neo-Country kaum entschwinden, obschon sie sich mit „Party Doll And Other Favorites“ (Sony) eine kreative Verschnaufpause der etwas anderen Art gönnt. Positiv gewendet könnte man sagen, daß es solch ein Album bisher kaum gegeben hat. Negativ gestimmt, bleibt angesichts der Mixtur aus ein bißchen „Best Of“, ein bißchen Live, ein paar Alternativ-Versionen und Raritäten und den obligatorischen zwei neuen Songs nur ein schulterzuckendes „Was soll’s?“. Größte Überraschung: ein gelungenes Cover von Mick Jaggers Abgesang aufs „Party Doll“. 3,0

Gatie Curtis – A Crash Course In Roses (Ryko/RTD)

Wer von Carpenter nach drei Jahren Pause doch ein bißchen mehr als ein bißchen Archiv-Bereinigung erwartet hatte, wird umgehend Trost bei dieser Kollegin finden. Auf ihrem dritten Album sticht die „folk-rock goddess“ („New Yorker“) aus Boston gleich mit drei Trümpfen. Da ist ein klarer, warm pulsierender Akustik-Sound, der Groove und Roots vereint Da ist eine Stimme, die gerade dann leuchtet, wenn’s ein bißchen dunkler wird da draußen und drinnen („Roses“). Da sind nicht zuletzt Songs wie „100 Miles“, „World Don’t Owe Me“, „What’s The Matter“, die auch Ms. Carpenter alle Ehre machen würden. Ehrensache unter Frauen, daß die für ein paar Harmonies im Studio vorbeischaute, wo Rhythmiker Billy Conway (Morphine) und Saitenspezi Duke Levine (aus Carpenters Tourband) schon das Wesentliche besorgt hatten. 4,0

Alison Krauss – Forget About It

(ROUNDER/INAKUSTIK) Den Blick dafür scheint die Ikone des Neo-Bluegrass zusehends zu verlieren. Oder besser: Das Wesentliche liegt hier begraben unter leicht aseptischem Edelsound und Schönschreiberei, die schon mal MOR-Niederungen („It Wouldn’t Have Made Any Difference“) streift Bluegrass-Puristen, die schon länger an Krauss (ver-)zweifeln, kommen erst in der zweiten Hälfte auf ihre Kosten, etwa mit den Harmonies von „Ghost In This House“. Das Prädikat „die neue Joni Mitchell der ausklingenden Neunziger“ (PR) ist jedenfalls nicht gerechtfertigt Das können selbst Dolly Parton und Lyle Lovett als Harmonie-Vokalisten im abschließenden „Dreaming My Dreams With You“ nicht mehr hinbiegen. 2,5

Lucky Peterson – Lucky Peterson (Blue Thumb/Universal)

Wer sein fünftes oder sechstes Album schlicht wie ein Debüt betitelt, sucht wohl den Neuanfang. Peterson wollte schon immer mehr sein als der gemeine 12-Takter von nebenan, am Liebsten eine Art „Prince of Blues“. Das ging zuletzt öfter daneben, weil ihn Profilierungsdrang verkrampfen ließ. Hier verpackt der Mitt-30er aus Buffalo seine Ambitionen indes ziemlich lässig. Vielleicht auch, weil’s bis auf den „Tribute To Luther Allison“ eine reine Cover-Affare geworden ist, die vom Ernie Isley-Funk „Deal With It“ bis zu einer Hammond-satten Instrumentalversion von Bobbie Gentrys Country-Nekrolog „Ode To Billy Joe“ einen weiten Bogen beschreibt. Dazwischen: Gängiges von Sam Cooke und Timmy Thomas sowie weniger Gängiges von Earl King und Deadric Thomas. Willie Nelson huldigt er mit „Funny How Time Slips Away“ im aufgekratzten Duett mit Joe Louis Walker. 3,0

Eric Bibb – Home To Me „Ruf Records)

Sam Cooke findet sich auch im aktuellen Repertoire dieses Mannes wieder, der als Errettungs-Prediger („Healing Time“, „Walk The Walk“) naiv und moralisierend daherkommt (was wohl schon in der Natur dieser Tätigkeit liegt). Als Folk-Blues-Autor wie -Interpret gehört der in Schweden lebende New Yorker freilich nach wie vor in die erste Reihe. Dabei funktioniert ein moderner Band-Kontext („Put Yout Foot Down“) ebenso gut wie traditionelles Solo-Picking („No More Cane On The Brazos“ und auch „Come Back, Baby“). Und Sam Cookes „Bring It On Home To Me“ fahrt er dann abschließend in einer beschwingten Country-Blues-Gospel-Version nach Hause. 3,5

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