Stella Sommer

„Silence Wore A Silver Coat“

Buback (VÖ: 25.11.)

Imposantes Winter-Epos mit 24 barocken Songs

Die 34-Jährige aus Sankt Peter-Ording ist eine der fleißigsten Musikerinnen im deutschen Sprachraum. Im Wechsel mit ihrer Band Die Heiterkeit liefert Sommer in hoher Frequenz Soloalben ab und findet dazu Zeit für Nebenprojekte wie Die Mausis. In einem Interview mit der „Taz“ wusste sie mal zu berichten, dass ihre neue Berliner Wohnung zwischen den Gedenktafeln für Marlene Dietrich und Hildegard Knef liegt, im Stadtbezirk Schöneberg. Das mag eine biografische Notiz sein, sie bedeutet gleichzeitig aber auch eine Verortung ihrer Kunst, ist doch ihre tiefe Stimme vielfach mit der „der Knef“ verglichen worden und das verschleppte Tempo ihres Vortrags erinnert an deren Gesangstechnik.

Zwischen Kontemplation und Schmerz

Den sicherlich vorhandenen Willen zur Disziplin könnte Sommer von Dietrich übernommen haben. Bleibt noch Nico, die dritte große Kollegin, die atmosphärisch durch ihr Werk geistert. Stella Sommer – man kann es nicht anders sagen – ist sehr deutsch. Im positiven Sinne. In den 24 (!) Songs ihres Doppelalbum singt sie englisch, mit vielen Denkpausen im Märchenerzählerinnen-Modus. Herbstlich, fast weihnachtlich gestimmt durchschreitet sie spärlich instrumentierte Nebelbänke oder die Chorpassagen der „Frozen Air“. Die Beats-per-Minute-Zahl ist kaum messbar. Es sind ruhige, bedächtige Balladen, die oft kaum vom Fleck kommen.

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Sommer kann so was, wie Nick Cave oder Bill Callahan, die männlichen Meister zwischen Kontemplation und Schmerz. Es gibt zwar Titel wie „Sorrow Had A Brother“, aber es sind nicht per se Trauerstücke. In ihren Sepia-bis-Anthrazit- Tönungen kreiert Sommer eine letztlich wohlige Kaminzimmeratmosphäre. Es riecht nach Kienholz und schwerem Rotwein. Alle ihre bisherigen Alben changierten in verschiedene Richtungen, waren dabei aber „unverkennbar Sommer“. Bei diesem romantischen Zyklus könnte man sagen, dass sie zu sich gefunden hat. Doch Küchenpsychologie kann hier raus. Es ist schlicht beeindruckend gut gelungen.