The Cure Join The Dots
Wolfgang Doebeling kennt vielleicht diesen brennenden Wunsch, eine Single umzudrehen in Erwartung einer bisher unbekannten Version des Künstlers, genauso gut zwar, aber ganz anders. So beschreibt Robert Smith sein Gefühl angesichts von B-Seiten. Doch verhält es sich nicht bei den Cure eher so, dass man stets dasselbe erwartet – und auch immer dasselbe bekommt? Ein ungerechtes Verdikt, wenn man an ihre so beschwingten, ja beschwipsten Pop-Singles denkt, an ihre schwerblütigen Trübsinns-Hymnen, die aggressiven Untergangsszenarien, den ausgelassenen Klamauk auch? Natürlich!
Denn der Schmerzensmann Robert Smith ist natürlich immer auch ein trauriger Clown gewesen, der Tränsensack auch eine wahre Stimmungskanone und Knallcharge. Es gibt hier, zumal auf der ersten CD (die bis 1986 reicht), viele Beispiele für wüstes Gelärme, für weißes Rauschen und larmoyantes Gegreine. Es gibt aber auch den entwaffnenden, muskulösen Pop der Anfangszeit, etwa „10.15 Saturday Night“ als B-Seite des grimmigen „Killing An Arab“. Wie Smith natürlich überhaupt die Dichotomie liebt und dem linden Liesbeslied „Charlotte Sometimes“ fünf anstrengende Minuten „Splintered In Her Head“ beigibt. Und dem leichtsinnigen „Inbetween Days“ setzt er „The Exploding Boy“ entgegen. „Eine Achterbahnfahrt“ müsste der Rezensent das wohl nennen. Und gestehen, dass er „The Lovecats“ (natürlich keine B-Seite!), diese doch sehr untypische Extravaganz, attraktiver findet als manche Befindlichkeitsäußerung: „I’m Cold“!
Der ewige Liebhaber des Smithschen Weltschmerzes entdeckt auf der zweiten CD, die sich wesentlich den Hauptwerken „Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me“ und „Desintegration“ widmet, köstliche kleine Kunststücke: „A Chain Of Flowers“, „Snow In Summer“, „Sugar Girl“ sind recht schlichte, darum vielleicht um so schönere Poesie. Auch trifft man hier „How Beautiful You Are“ wieder, die perfekte Liebeserklärung von „Kiss Me“. Das bezaubernde „Just Like Heaven“ kehrt leider als „Dizzy Mix“ zurück.
Die Cover-Versionen für diverse Soundtracks auf CD 3 wird man unglücklich nennen dürfen: „Purple Haze“ etwa und „Young Americans“ passen noch weniger zu Smith als das dionysische „Hello, I Love You“, schon keine große Leistung von Jim Morrison. Gleich in drei grauslichen Versionen malträtiert das Stück.
Für die vierte CD (1996 bis 2001) bleiben noch zwei Alben, das ungnädig aufgenommene „Wild Mood Swings „und die finale Symphonie „Bloodflowers“, dazu ein Stück für die „X-Files“ und „World In My Eyes“ von Depeche Mode. Am Ende gibt es den „Mark Plati Mix“ von „A Forest“. Danke, Mark Plati!
Wenn man einen Brenner hätte… Aber nein, das Booklet ist unentbehrlich.