The Cure

Alles gesagt zur Liebe, zur Trauer, zu Verzweiflung und Tod. Zum Welken der Blumen, zur Vergänglichkeit der Existenz, zum Hängen über dem Abgrund. Ein Jahrtausend Einsamkeit und Tränen. Was macht Robert Smith also im nächsten Jahrtausend? Er singt von Liebe und Trauer, Verzweiflung und Tod. Und er tut das mit derselben süchtig machenden Emphase und ohnmächtigen Geste wie auf der schönsten, romantischsten und schwärzesten Cure-Platte, „Disintegration“. Das war 1989, das war „Lovesong“. Heute singt Smith in der so genannten Midlife-crisis, die er vermutlich vor zehn Jahren hatte: „I said I love you‘ I said/ You didn’t say a word/ Just held your hands to my shining eyes/ And I watched as the rain ran through your fingers/ And smiled as you kissed me.“ Die Musik: ein Zirpen, ein Hauch. Smith, der ewig Juvenile.

Aber „Bloodflowers“ wäre keine Platte von The Cure, wäre sie nicht bipolar oder (wie wir früher sagten): ambivalent. In „39“ tobt der schönste Cure-Malstrom, ein einziges großes Smith-Lamento: „I used to feed the fire/ But the fire is almost out/ And there’s nothing left to burn.“ Wie tröstlich und wunderbar, dass das ja gar nicht wahr ist. Denn gerade in diesem Stück wüten und zürnen die Gitarren wie bei keinem Cure-Song der 90er Jahre, die ja leider nur aus „Wish“ und „Wild Mood Swings“ bestanden – respektable Platten, doch keine, die dem Cureologen das Herz öffneten.

Es gibt auf „Bloodflowers“ (und in dem Song „Bloodflowers“!) fräsende Gitarren, die jeden Moshpit wegblasen und unser Freunde von der amerikanischen College-Fraktion wie zahme Zwerge erscheinen lassen (die sie ja allesamt sind). Es gibt Beschwörungen des letzten Tages des Sommers, Reisen zum Ort, wo die Vögel immer singen, und die Ahnung von einer anderen Welt. Und es gibt Smiths Gesang, der ja ein Weinen ist. Aber nicht weinerlich. „The world is neither fair nor unfair/ The idea is just a way for us to understand/ It’s just us trying to feel that there is some sense in it.“ Das haben die Philosophen auch schon mal gesagt. Aber selten haben wir es so gern gehört.

ARNE WILLANDER

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