Therapy? – Semi-Detached :: Polydor

Der Bart ist ab. Andy Cairns, Ire und Sänger in einer bis dato maßlos erfolgreichen Rockband namens Therapy?, hat sich seiner Gesichtsbehaarung entledigt. Fein, denn – so lehrt uns das Handbuch der Wald- und Wiesen-Psychologie – der äußerlichen Veränderung folgt die innerliche«, oder auch nicht.

Geplagt fühlten sich die drei Therapeuten aus Belfast, geplagt vom alten Leid der Rocker: Erfolg und Ruhm essen schließlich Seele auf. „Trooublegum“ und „Infernal Love“ hießen die adrenalin- und emotionsgeladenen Machwerke, für deren Anfertigung Therapy? verschiedentlich gelobt wurden. Selbst größte Ketzerei – wie eine Cover-Version des Hüsker Dü-Vermächtnisses „Diane“ – wurde toleriert. Doch nein – nicht genug! Von kreativer Entleerung ist nun die Rede, von der Entfernung vom eigentlichen Kern. Eine Art Gesundschrumpfung mußte also her, aber schnell.

Und wirklich: „Semi-Detached“ beschreibt den therapeutischen Rückzug in die musikalische Gebärmutter. Der Titel ist Programm: Halb abgelöst vom schroffen Hochglanz-Punk-Rock, knarzen sich Cairns und Co. durch unterirdische Klanggefilde, deren Dilettantismus einen Namen sucht. Falsettierend kniet Cairns in seiner „Church Of Noise“ und weckt am Ende noch nicht einmal schlafende Kinder (mit „The Boys Asleep“). Therapy? klingen nun in der Tat wieder ganz so, wie man es von früheren EPs gewohnt ist: ungeschliffen, roh und kalt. Die Band versteckt sich hinter unförmigen Lärmwänden, deren schlechte Produktion ein Statement sein will, aber nur zum Zähneknirschen animiert.

Therapy? wollten die Rückbesinnung auf ideelle Werte, per se schon ein Treppenwitz. Die Zeit der rebellischen Nihilisten, deren Message sich in drei Akkorden und der Wahrheit manifestiert, ist ohnehin vorbei. Therapy? Eher nicht.

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