Weltmusik von Christian Salvesen
Der Name EMBRYO steht für ein gelebtes Experiment, das vor mehr als 25 Jahren begann und schon bald zu dem wurde, was man heute als eine progressive, unkommerzielle Weltmusik bezeichnet könnte: Kaum eine andere Band hat das Reisen im Sinne von Offenheit, Begegnung, Wandel und Improvisation so zum Programm erhoben. 1978 brach Embryo als Großfamilie mit Frauen, Kindern, Roadies und einem achtköpfigen Film-Team in drei Bussen zu ihrer legendären Asien-Tournee auf. Die meisten Konzerte kamen spontan zustande, Rock, Jazz und Elektronik mischten sich dabei zunehmend mit den musikalischen Einflüssen der sich ständig verändernden Umgebung. Die Aufnahmen aus Afghanistan, Pakistan und Indien sind nun, 15 Jahre nach dem Doppel-LP- Klassiker, auf CD zu hören. Wer sich eine gute Lupe zur Hand nimmt, kann Embryos Reise im Begleitheft auch über Text und Bild nachvollziehen. (Schneeball/ Indigo) 3,0
An die 300 Musiker haben bisher im „Musik-Kollektiv Embryo“ gespielt. Zur Stammbesetzung der letzten Jahre gehören Ur-Embryo Christian Burchard (Percussion, Vibraphon), Roman Bunka (Gitarre), Christoph Karrer (oud), Dieter Serfas (Schlagzeug). „Ibn Battuta“ mit Aufnahmen von 1990 bis 1993 bietet eine deutliche Verfeinerung, musikalisch und auch in der künstlerischen Gesamt-Gestaltung. Chuck Henderson, Marti Cook und Edgar Hofmann blasen mehr als nur einen Hauch von Jazz in die orientalische Rhythmik und Stimmung. Und die Art, wie der Marokkaner Ibn Battuta und Christians Tante, die Malerin Irmgard Burchard, zur Veranschauüchung des embryonalen Reise-Dranges eingesetzt werden – das ist schlicht genial (Schneeball/Indigo). 4,0
Folgen wir der Spur des Multi-Talentes Jolly Kunjappu zurück in die Vergangenheit, über sein vorletztes Album „Power Of Silence“ (1994) mit 20 Musikern aus 18 Ländern, seine 1993 begonnene Serie von Kompositionen für indische Musiker („From Here Forever“) seine Hauptrolle in der Fernsehserie Traumschiff, seine Einladung zu „Künstler und Mauer“ (1990 in Berlin), seine Tourneen und Aufnahmen mit Passport, Larry Coryeil, den Rolling Stones, seine Balletts für die Bayrische Staatsoper und seine diversen Reisen in entlegene Gebiete – so landen wir schließlich in seiner Heimatstadt Madras. Hören wir uns sein “ Tintch The Sptrit“ an, die gerade erschienene „Compilation seiner besten Instrumentals“, könnte man allerdings meinen, daß wir auf der falschen Spur waren: Von „Weltmusik“ im üblichen Sinne scheint jedenfalls keine Spur zu sein. Jolly läßt sich nicht so leicht „downtracken“. Die ersten acht Stücke ziehen im gelassenen Strom romantischer Klaviermusik, beschwingter und südamerikanischer Rhythmen Gitarren-Improvisation vorbei, als wäre nichts geschehen. Doch die letzten fünf Stücke, vor allem „Welcome To The Universe“, lassen unvermittelt aufhorchen. Nicht wegen unerhört exotischer Sounds, sondern wegen der bewegenden Stille, jener tieferen Qualität indischer Musik, die sich, wie hier zu hören ist, auch außerhalb der Ragga-Form vermitteln läßt. (Prudence 398.61672/ BSC Music) 3,0
Es gab einmal eine gute, originelle Gruppe namens Tri Atma, die Ende der 70er Jahre mit indischer Musik kokettierte und drei Alben herausbrachte. Gibt es die denn noch? Nein. Aber der Tabla-Spieler Asim Saha hat weiterhin traditionelle indische Musik veröffentlicht – und der Gitarrist und Keyboarder des Ensembles, JENS FISCHER, hat gerade sein drittes Album vorgelegt: „Urban Space Man“, an dem auch Asim Saha wiederum mitgewirkt. „Dreckiger Dschungel, pulsierend-wild, kalt und kaputt“: Was Fischer mit diesem Kommentar meint, ist nicht ganz klar – seine Musik aber kann es jedenfalls nicht sein: Dazu nämlich ist sie gar zu ausgefeilt und ästhetisch. Der Urwald ein Wohnzimmer.