Róisín Murphy im Shitstorm: Was wird der Sängerin vorgeworfen?

Eigentlich ist gerade mit „Hit Parade“ eine fantastische neue Platte von Róisín Murphy erschienen, die es verdient gehört zu werden. Doch die Musikerin hat mit einem Facebook-Post eine Lawine von giftigen Kommentaren ausgelöst.

Viele können sich wohl darauf einigen, dass Róisín Murphys Karriere nach ihrer Zeit mit dem Electronic-Duo Moloko als gelungen angesehen werden kann. Die Sängerin ist mit ihrer neuen, in Zusammenarbeit mit DJ Koze entstandenen LP zum Pop zurückgekehrt. Musik für die Charts, gerade vielleicht nur abgefangen von Olivia Rodrigo.

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Und doch hat sich seit einigen Tagen ein seltsamer Schatten über die Musik und ihre Schöpferin gelegt. Auslöser war ein Facebook-Post Murphys, der große Aufmerksamkeit in der Queer- und Trans-Community auslöste und zu erbitterten Gegenreaktionen führte.

Die Sängerin schrieb damals: „Pubertätsblocker sind Mist, absolut desolat, Big Pharma lacht sich ins Fäustchen. Kleine verwirrte Kinder sind verletzlich und müssen geschützt werden, das ist einfach wahr. Bitte nennen Sie mich nicht Terf, bitte benutzen Sie dieses Wort nicht mehr gegen Frauen.“

Róisín Murphy entschuldigte sich später via X (vormals Twitter) für ihre Gedanken und erklärte sie damit, einfach besorgt um Kinder und Jugendliche zu sein, weil sie vor der Einnahme der Pubertätsblocker nicht genügend über die Folgewirkung wüssten. Doch es war zu spät, die Kritik an ihrer Meinung wollte danach nicht mehr verstummen. Tenor: Róisín Murphy entpuppt sich hier deutlich als transfeindlich.

Die vehemente Kritik an Róisín Murphy ist auch ein Ausdruck von Enttäuschung

Nun muss man dazu sagen, dass die 50-Jährige tatsächlich ein Stein im Brett vieler queerer Musikliebhaber hat und dies möglicherweise nun ein echter Stachel im Fleisch ist, dass sich ausgerechnet eine sonst als progressiv geltende Künstlerin in diesem gesellschaftspolitisch so erhitzt diskutierten Bereich eine Meinung hat, mit der auch schon Joanne K. Rowling viel Kritik auf sich zog (auch wenn die „Harry Potter“-Autorin in ihrer Darstellung noch sehr viel weiter gegangen ist).

Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet, hat das durch diese Bemerkung entstandene Meinungsumfeld durchaus bereits dafür gesorgt, dass Murphy in Großbritannien anders wahrgenommen wird. Eine „Guardian“-Kritik von „Hit Parade“ entpuppte sich laut dem Bericht als Abrechnung mit dem rückschrittlichen Popstar hinter dem „Meisterwerk“, ein angekündigtes Special mit der Musikerin bei „BBC Radio 6 Music“ sei angeblich aus dem Programm genommen worden.

Es gibt sogar das Gerücht, dass sich Murphys eigenes Label, Ninja Tune, gegen sie gerichtet habe und keine Promotion mehr für die neue Platte machen würde. Auch zwei Werbeauftritte wurden abgesagt. Die Plattenfirma sagt zu all dem nichts, bestätigt auch nicht, dass Einkünfte nun zugunsten von Organisationen gegen Transphobie eingesetzt werden sollen, wie es zunächst hieß.

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Ganz einseitig bleibt die Debatte, um die es geht, allerdings nicht. Es gibt im Netz durchaus eine Gruppe von Befürwortern der Vorstellungen Murphys zur Problematik mit Pubertätsblockern (von der die Sängerin ja keinesfalls geäußert hat, dass sie generell verschwinden sollen, sondern dass ihre Nebenwirkungen zu wenig in den Fokus rücken) unter dem Hashtag #IStandWithRóisínMurphy. Möglicherweise sind darunter auch einige Anhänger und Anhängerinnen, die sich einfach dem Thema entziehen wollen und es als weniger bedeutsam für die Tauglichkeit der Musik von Murphy ansehen. Darüber hinaus werten Musik-Experten die Debatte auch als förderlich für die Aufmerksamkeit rund um „Hit Parade“. Das Album macht sich in der konkreten Hitparade, in den UK-Plattencharts, recht gut und steht derzeit auf Platz zwei.

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