„Tron: Ares“: Neon-Showdown, Nostalgie-Kick – wie gut ist das Sequel?
Neon, Lightcycles, Nine Inch Nails: Tron Ares vereint Nostalgie und Tempo. Unsere unterhaltsame Review zeigt, was funktioniert – und was nicht. Jetzt lesen.
Bevor PlayStation zu einem Begriff wurde, bevor Neo Kung Fu lernte, bevor das Internet unser Leben veränderte und ChatGPT die KI in „Paranoia“ versetzte, gab es „Tron“, den Disney-Film von 1982, der die brennende Frage stellte: Was wäre, wenn Jeff Bridges in einem Videospiel der ersten Generation gefangen wäre?
Die groben, CGI-animierten Hintergründe und die direkt aus „Battlezone“ stammenden Kulissen datieren den Film und sind bis heute der überzeugendste Grund, ihn sich noch einmal anzusehen. Die Entstehung war eindrucksvoll: Der Neo-Futurist Syd Mead und der Comiczeichner Moebius gehörten zum Kernteam der Designer, Wendy Carlos komponierte die synthesizerlastige Filmmusik. Die Handlung – ein ehemaliger Programmierer kämpft gegen eine künstliche Intelligenz, die in einem Computernetzwerk Amok läuft – war nahezu unverständlich, die Atmosphäre typisch für die Reagan-Ära.
Der Kultstatus unter Keyboard-Jockeys, Code-Monkeys und eingefleischten Gamern war daher unausweichlich. Fans forderten jahrzehntelang eine Fortsetzung, bis Disneys Unternehmensleitung „Tron: Legacy“ (2010) grünes Licht gab. Dieser versetzte die Welt des Films ins frühe 21. Jahrhundert und vermittelte den Eindruck, bei jedem Auftritt von Bridges’ digital verjüngtem Alter Ego eine abendfüllende Zwischensequenz zu sehen.
Das Beste daran war, dass Regisseur Joseph Kosinski Aufnahmen testen konnte, die er später in „Top Gun: Maverick“ und „F1“ deutlich besser einsetzte. Fünfzehn Jahre sind in der Tech-Kultur und beim geistigen Eigentum mehrere Lebenszeiten – entweder war also ein Neustart überfällig oder die Franchise hätte ihr Ziel erklären und enden sollen. Das Maushaus entschied sich für eine Systemaktualisierung. Doch das Spiel ist trotzdem vorbei.
„Tron: Ares“ zeigt den fliegenden Arc de Triomphe
„Tron: Ares“, der dritte Teil der inzwischen vier Jahrzehnte umspannenden Reihe, hat durchaus Reize. Alles wirkt wie ein Luxusprodukt – von den hautengen Uniformen der nächsten Generation bis zu den aufgemotzten Ducatis als Transportmittel. Der Soundtrack von Nine Inch Nails dröhnt kraftvoll. Greta Lee zeigt sich in Past Lives als überzeugende Actionheldin – eine unerwartete, aber willkommene Wendung. Die charakteristische Light-Trails-Ästhetik entfaltet sich hier in voller Stärke. Wer sich je gefragt hat, wie ein Lightcycle-Rennen auf den Straßen von Vancouver aussehen würde, erhält nun die Antwort.
Gleiches gilt für den „Recognizer“, das Tron-Äquivalent eines TIE-Jägers, der wie ein fliegender Arc de Triomphe über der Stadt Chaos stiftet. Die Franchise liebt die 1980er weiter – nicht klug, aber leidenschaftlich. Dies bleibt jedoch ein Tron-Film, der einer Mythologie verpflichtet ist, die bestenfalls überkomplex und schlimmstenfalls unsinnig wirkt. Wer sich nicht für Intrigen der Tech-Industrie, dystopische Digitalwelten und Terabyte an Science-Fiction-Klischees interessiert, wird kaum begeistert sein.
Die Handlung selbst – ein Sicherheitssoftwaresystem erlangt Bewusstsein, rebelliert gegen seinen Schöpfer und kämpft sich in die reale Welt – ist überschaubar. Doch alles wird durch das vertraute Raster aus Gameplay-meets-Genre-Spektakel gefiltert, sodass Nicht-Fans das Gefühl haben, ihr „User“ tippe ständig den Befehl Achselzucken ein. ENCOM, das Unternehmen hinter dem ursprünglichen „Was-wäre-wenn-wir-Menschen-in-ein-Arcade-Spiel-versetzen“-Szenario, existiert weiterhin – nun unter der Leitung von CEO Eve Kim (Lee), die die Marke gemeinsam mit ihrer inzwischen verstorbenen Schwester zu einem globalen Konzern ausgebaut hat.
Jared Leto mit gewohntem Charisma und starrem Blick
Eve will deren Werk vollenden: die Suche nach dem sogenannten „Permanenzcode“. Das Projekt ihrer Ingenieure sollte digitale Kreationen in die reale Welt bringen. Für die Kims bedeutete das, instabile Ökosysteme zu stabilisieren und Armut zu bekämpfen; für ihren Kollegen Julian Dillinger (Evan Peters), Enkel des ursprünglichen Tron-Schurken Edward Dillinger, dagegen, den militärisch-industriellen Komplex mit endlos reproduzierbaren Supersoldaten zu beliefern. Julian hat einen Prototyp geschaffen, modelliert nach dem legendären „Master Control Program“ seines Großvaters: Ares, benannt nach dem griechischen Kriegsgott und gespielt von Jared Leto mit gewohntem Charisma und starrem Blick.
Doch alle Kreationen, die in unserer Realität materialisiert werden – Ares, seine Stellvertreterin Athena (Jodie Turner-Smith, imposant und präzise) oder hochmoderne Waffen – zerfallen nach 29 Minuten zu Cyberstaub. Der Permanenzcode soll dieses Problem lösen. Vor Jahrzehnten fand der abtrünnige Programmierer Kevin Flynn den Weg zur dauerhaften Existenz digitaler Entitäten und versteckte den Code in seinem persönlichen Netzwerk. Mit Hilfe ihres Freundes Seth (Arturo Castro) macht Eve sich auf die Suche, während ihr Rivale Ares losgeschickt wird, um den Code zu stehlen und seinen Träger zu vernichten. Die Jagd beginnt.
Tron-O.G. Jeff Bridges taucht kurz auf
Kurz gesagt: Ares ändert seine Meinung, Athena wird zur neuen Terminator-Figur, und die Handlung beschleunigt sich mit rasanten Actionsequenzen. Hasan Minhaj und Gillian Anderson agieren von der Seitenlinie, während Rückblenden zur Seriengeschichte – insbesondere zu den Arcade-Welten von 1982 – vorbeiziehen. Tron-O.G. Jeff Bridges taucht kurz auf und segnet das Geschehen mit seiner charakteristischen Zen-Stoner-Gelassenheit.
Regisseur Joachim Rønning, einst bekannt für den kinetischen Survival-Thriller „Kon-Tiki“ (2012) und inzwischen Hausregisseur bei Disney („Pirates of the Caribbean“, „Maleficent“), inszeniert Verfolgungsjagden mit Präzision und Energie. Dass eine progressive Woman of Color die Hauptrolle in einem globalen Blockbuster übernimmt, sollte selbstverständlich sein – doch im Jahr 2025 ist selbst das noch bemerkenswert.
Offen bleiben dennoch einige Fragen: Warum wird diese Nostalgie-Reihe überhaupt wiederbelebt? Trägt sie tatsächlich zur Disney-Bilanz bei? Warum sieht Jared Leto am Ende wie Jesus aus? Wie passen die widersprüchlichen Botschaften – zwischen Kritik an Künstlicher Intelligenz und der Glorifizierung Silicon-Valley-getriebener Zukunftsvisionen – zusammen? Oder dient das Ganze nur als Ablenkung zwischen „Star Wars“, Marvel und anderen Franchise-Projekten? Welche Vergnügungspark-Attraktionen werden daraus entstehen, und wird der Inspire Key Pass einen schnelleren Zugang bieten? Ist das nur der Anfang weiterer Tron-Erweiterungen? Und vor allem: Kann sich jemand vorstellen, warum wir uns überhaupt noch dafür interessieren sollten?