Von London enttäuscht, orientieren sich ELECTRIC SOFT PARADE an amerikanischen Indie-Helden

Am Anfang steht die Verwunderung: Das sollen The Electric Soft Parade sein? Die Bestätigung folgt auf dem Fuße: Man habe sich nicht im Hotelzimmer geirrt und möge doch einen Joint mitrauchen. Die zwei Jungs aus der Nachbarschaft, die sich im Sofa lümmeln und verschlafen durch die Rauchschwaden linsen, sind die Brüder Alex und Tom White – und zusammen sind sie gerade mal 36 Jahre alt.

Unter dem Namen Feltro Media haben es die Wunderkinder schon auf ein paar selbst finanzierte Alben gebracht. Mit „Holes In The Wall“ debütieren die Whites mit sonischem und sensiblem Gitarren-Pop unter dem Moniker The Electric Soft Parade. Ihre Zeit verschwenden beide noch in der elterlichen Wohnung in Brighton, und im Booklet kann man einen verstohlenen Blick in das Schlafzimmer von Sänger Alex White werfen: Alles vollgestellt mit Instrumenten und Plunder, an den Wänden Bandposter, dutzendweise. Kann Musik noch Leben retten? „Ich glaube schon noch daran“, meldet sich der Besitzer der imposanten Einsiedelei zu Wort. „Ich zum Beispiel habe drei bis vier Jahre fast ausschließlich mit den Super Furry Animals verbracht, bis mir eingefallen ist, dass es da ja auch noch etwas Anderes geben muss. Auch heute gibt mir neue Musik immer noch so viel. Wir sind eigentlich Fans, die zufällig auch selbst Musik machen. Es gibt Platten, die hör ich mehrmals täglich, weil sie so unglaublich gut sind. Kennst du schon The Streets?“

Das Interview wird unterbrochen, der Plattenspieler angeschmissen, der dünne Mann mit der Fluppe zwischen den Zähnen tänzelt euphorisiert durch den Raum. Danach wird erwartungsgemäß die britische Musik-Presse thematisiert: „Die Lage für britische Gitarrenbands ist momentan etwas bedenklich, Mann. Die sind so sehr mit den Strokes oder den White Stripes beschäftigt, dass nur wenig Platz für heimische Bands bleibt. Um uns wurde kein Riesen-Hype veranstaltet, und ich bin auch ganz froh drum. Stattdessen diese lächerliche Sache mit unserem Alter.“ Während Tom White ganz still bleibt, hat sich Sänger Alex richtig warm geredet: Dass man nicht nur von Ash und den Manie Street Preachers, sondern haben vor allem auch von amerikanischen Indie-Heroen wie Guided By Voices, den Fläming Lips und Sebadoh beeinflusst sei, hätten die meisten Schreiber vor Ort gar nicht kapiert. Glücklich sei man, nicht in London zu leben, wo jede Band sich für den Mittelpunkt der Welt halte. Sämtliche Instrumente auf „Holes In The Wall“ habe man allein eingespielt, das Songwriting teile man sich brüderlich.

Dann geht es doch noch raus aus den vier Wänden: Im Londoner „Shepherds Bush Empire“ eröfihen Alex und Tom, aufgestockt um zwei neue Band-Mitglieder, für Ian Brown. Der kümmert sich väterlich um seine Schützlinge und wird von ihnen als jemand, der „alle Drogen ausprobiert und deshalb völlig entspannt“ sei, beschrieben. Schnell haben die Whites mitbekommen, dass auch die Gallaghers ihren alten Buddy moralisch unterstützen. Alex freut sich sichtlich über den hohen Besuch: „Zeig mal, wo sitzt Liam?“ – „Direkt vor dir, der Kaugummi kauende Affenmensch mit dem Bier. „Wow!“ Echte Fans.

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