Xavier Naidoo: Was ist dran an seinem Entschuldigungsvideo?

Jetzt soll alles anders sein, sagt Xavier Naidoo. „Ich habe Dinge gesagt und getan, die ich heute bereue.“ Auf Telegram spricht man schon davon, dass der Sänger „umgedreht“ worden sei.

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Im Jeanshemd sitzt Xavier Naidoo auf einem Sofa und sagt: „Die Welt scheint wie auf den Kopf gestellt, und ich habe mich gefragt, wie es so weit kommen konnte“. Er verdammt den Krieg in der Ukraine und entschuldigt sich im nächsten Atemzug für die eigenen Verirrungen. Er habe sich „letztlich verrannt“. Ein etwa dreiminütiger Monolog, festgehalten auf einem Insta-Video.

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Damit zeigt der Mannheimer Soul-Sänger zum ersten Mal öffentlich eine Art innere Abkehr von so ziemlich allen Verschwörungstheorien, die er gut 15 Jahre lang digital und analog befeuert hat. Derber Corona-Leugner, Reichsbürger-Sprachrohr, Great-Reset-Schwurbler. Freunde und Begleiter hielten dabei lange an ihm fest. Doch wie in einer Manie gesellte sich ein Spinnkram zum anderen.

Noch Ende 2015 war er deutscher Top-Kandidat für den European Sound Contest (ESC) in Stockholm. Der NDR hatte ihn damals ins Spiel gebracht und war nach Protesten zurückgerudert. Seit 2021 darf er laut Bundesverfassungsgericht „Antisemit“ genannt werden.

Xavier Naidoo erzählt von seiner Frau

Und nun. Alles anders? Er erzählt von seiner Frau Julia, die aus der Ukraine stammt, wo er selbst in den letzten Jahren teilweise gelebt hat, in „diesem wunderschönen Land“. Nun musste die Familie vor Putins Kanonen fliehen. Wieder zurück daheim musste er „sich kritischen Fragen zu Äußerungen von mir in der Vergangenheit stellen. Das war ein Grund für mich, mich zu hinterfragen“. Er habe Fehler gemacht, mit „verstörenden Äußerungen“, für die er sich nun entschuldigt.

Suche nach „Wahrheit“

Soweit, so gut. Doch sobald der 50-Jährige über die Erzählung der privaten Tragödie hinausgeht, wird es wieder wolkig: „Ein zentraler Punkt meines Charakters ist die Suche nach Wahrheit. Wer diese sucht, macht sich auf den Weg und wer diesen Weg geht, trifft auf viele Meinungen“. Das klingt nach einer biblischen Mission. Doch diese „Meinungen“ waren Fake-News im Quadrat, mit denen er wie getrieben auch sein komplettes Musik-Umfeld gescheppert hat. Vom Bruch mit der Begleitband Söhne Mannheims bis zu den abgesagten Solokonzerten des Sommers.

Erst im abschließenden Statement wird er grundsätzlich: „Ich distanziere mich von allen Extremen, Rechten und verschwörerischen Gruppen. Nationalismus, Rassismus, Homophobie und Antisemitismus sind mit meinen Werten nicht vereinbar“.

Wird Xavier Naidoo noch ernst genommen?

Man darf gespannt sein, ob auf dieses Statement in den nächsten Wochen – halbwegs glaubwürdige – Aktionen folgen. Zu Beginn des Krieges hatte er noch im typischen Corona-Leugner-Style prorussische Promovideos auf seinem Telegram-Kanal verbreitet. Wenn es sich denn um ein „Weltbild“ gehandelt hat, das Naidoo jahrelang emsig pflegte, dann lässt sich dieses kaum mit einem Video-Federstrich ad acta legen.

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Das zeigt sich nicht nur in der Telegram-Follower-Fangruppe „Nichts Neues unter der Sonne – Wir mit Herz für Xavier Naidoo“. Hier trifft in derbes Verschwörungs-Gewese auf esoterische Optik. Erste Reaktionen lassen hier auf ein neues Phantasma schließen. Xavier wurde UMGEDREHT. „Ich danke ihm für sein Vertrauen und bin mir sicher, dass er mit dem Herzen noch immer auf unserer Seite ist“, schreibt @ukvali. „Ich möchte mich an dieser Stelle jedoch nochmals bei Xavier dafür bedanken, dass er in den letzten Jahren sehr mutig für uns alle gekämpft hat und Menschen wie mir eine Plattform gegeben hat.“

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