Chuck Berry: 10 großartige Kooperationen
Hören Sie Chuck Berry zusammen mit Tina Turner, Bo Diddley, Eric Clapton, Sha Na Na und vielen anderen.
Chuck Berry, der Keith Richards für das Berühren seiner Gitarre mit einem Faustschlag ins Gesicht schlug, war nicht gerade als besonders enthusiastischer Kooperationspartner bekannt. Dennoch gelang es der Rock-’n‘-Roll-Legende, die am 18. März 2017 im Alter von 90 Jahren verstarb, im Laufe ihrer langen Karriere zahlreiche bemerkenswerte Kooperationen zu realisieren. Sie reichen von legendären Auftritten – wie seinem rockigen TV-Auftritt mit John Lennon im Jahr 1972 und einem ebenso göttlichen Auftritt mit Bruce Springsteen im Jahr 1995 – bis hin zu eher glanzlosen Partnerschaften. Wie seinem Duett mit Shabba Ranks im Jahr 1995 „Go Shabba Go“. Hier sind 10 der historischsten, faszinierendsten und/oder geradezu skandalösesten Kooperationen von Chuck Berry.
The Ecuadors, „Say You’ll Be Mine“ (1959)
Bevor sie selbst zur Ikone wurde, arbeitete Etta James in den 50er Jahren als Session-Sängerin und Bandmitglied in verschiedenen Studios. Als sie bei Chess Records landete, als Berry gerade auf dem Weg zum Star war, sang sie schließlich den Background-Gesang zu seinem Hit „Back in the U.S.A.“ aus dem Jahr 1959.
Im selben Jahr wirkte sie an einer Chess-Session mit ihrem damaligen Lebensgefährten Harvey Fuqua von den Moonglows mit, die unter dem Namen The Ecuadors veröffentlicht wurde. Die daraus resultierende Single „Say You’ll Be Mine“ mit „Let Me Sleep Woman“ auf der B-Seite enthielt Songs und Gitarrenparts von Berry und die Tracks sind genauso rau und roh wie alles, was Berry in seiner Blütezeit unter seinem eigenen Namen veröffentlichte.
Bo Diddley und Chuck Berry, „Two Great Guitars“ (1964)
Mitte der 1960er Jahre wurde Chess Records von zwei erstaunlichen Gitarristen beherrscht. Berry und Bo Diddley. Es war unvermeidlich, dass sie gemeinsam auf einem Album zu hören sein würden. Das Ergebnis, „Two Great Guitars“ aus dem Jahr 1964, ist nicht so aufregend, wie es die Prämisse vermuten lässt.
Die Platte umfasst nur vier Titel. Von denen zwei eher mittelmäßige Solo-Beiträge von Berry und Diddley sind. Die beiden anderen Stücke sind jedoch etwas ganz anderes. „Chuck’s Beat“ und „Bo’s Beat“ sind epische Jam-Sessions der beiden Gitarristen, die 10 bzw. 14 Minuten lang sind. Zu einer Zeit, als so lange Songs auf Rockplatten höchst ungewöhnlich waren. Das Duo trieb sich gegenseitig zu fußstampfenden, saitenzerreißenden Extremen.
Chuck Berry mit Gerry and the Pacemakers, „Maybellene“ (1964)
Die 1964 gedrehte T.A.M.I.-Show präsentierte viele Rock-, Pop- und R&B-Größen der damaligen Zeit. Und dieser Dokumentarfilm zeigte auch einen symbolischen Austausch zwischen einem Rock’n’Roll-Pionier und einem Newcomer der British Invasion. In dem Film bricht Chuck Berry mit einer sengenden, twangigen Version seines Hits „Maybellene“ aus dem Jahr 1955 aus.
Doch mitten in seiner Darbietung geschieht etwas Merkwürdiges. Neben ihm auf der Bühne beginnt eine Band aufzubauen. Ohne Unterbrechung des Backbeats werden sie als Gerry and the Pacemakers vorgestellt. Nach einer sanften Modulation in eine andere Tonart nimmt die aufstrebende Merseybeat-Combo den Song nahtlos auf und beendet „Maybellene“ mit einem deutlich sanfteren, poppigeren Finish. Dieser Übergang ist nicht nur eine brillante Darbietung von Showtalent. Sondern verdeutlicht auch perfekt, wie sehr Chuck Berrys rockige Innovationen in den Sechzigern und darüber hinaus von anderen übernommen wurden.
Chuck Berry mit der Steve Miller Band, „Live at the Fillmore Auditorium“ (1967)
1967 war die Steve Miller Band noch nicht zu der Hitmaschine ihrer Blütezeit in den 70er Jahren geworden. Stattdessen war die Band aus der Bay Area eher im R&B und der aufkommenden Psychedelia verwurzelt. Was sie zu einer mutigen Wahl machte, Berry 1967 bei einem Konzert im berühmten Fillmore in San Francisco zu begleiten.
Aber die Band machte ihre Sache hervorragend. Und begleitete ihren Ad-hoc-Frontmann durch ein Repertoire von Blues-Klassikern. Darunter Willie Dixons „(I’m Your) Hoochie Coochie Man“ und Memphis Slims „Every Day I Have the Blues“. Sowie eine Handvoll von Berrys eigenen Hymnen. Darunter auch „Johnny B. Goode“. Während des gesamten inspirierten Sets zeigt sich Berry von einer Seite, die seit seinem Showdown mit Bo Diddley drei Jahre zuvor nicht mehr zu hören war.
Chuck Berry mit Robbie McIntosh und Onnie McIntyre von Average White Band, „Reelin‚ and Rockin‘“ (1972)
In den frühen Tagen des Rock war es für amerikanische Stars üblich, auf Tournee lokale Bands zu engagieren, anstatt die Kosten für die Mitnahme ihrer eigenen Begleitband zu tragen. So war es auch, als Berry 1972 durch Großbritannien tourte und sich eine kleine Band aussuchte, in der zwei schottische Musiker mitwirkten. Der Schlagzeuger Robbie McIntosh und der Gitarrist Owen „Onnie“ McIntyre, die gerade ihre eigene Band namens Average White Band gegründet hatten.
Einige der Auftritte dieser Tournee wurden auf der LP „The London Chuck Berry Sessions“ festgehalten, die teils im Studio, teils live aufgenommen wurde. Die Aufnahme von Berrys Song „Reelin‚ and Rockin‘“ aus dem Jahr 1957 ist besonders temperamentvoll. Und zeigt das rhythmische Können, das McIntosh und McIntyre später in AWB-Hits wie „Pick Up the Pieces“ aus dem Jahr 1974 einbringen sollten.
Chuck Berry mit Sha Na Na, „Roll Over Beethoven“ (1977)
Nach Sha Na Nas proto-glamourösem Spektakel in Woodstock entwickelte sich die Retro-Band von einer subversiven Ohrfeige für die Hippie-Ära zu einer Leitfigur des Fünfzigerjahre-Revivals der Siebziger. Ihre gleichnamige Fernsehsendung besiegelte den Erfolg: Bei „Sha Na Na“ ging es darum, sich im Greaser-Stil in Szene zu setzen, zu einer Zeit, als Freak-Flags und Afros zum Standard gehörten.
Dann betrat Chuck Berry selbst die Bühne. In einer Folge der Show aus dem Jahr 1977 hatte der Rock-Maestro einen denkwürdigen Auftritt. Zunächst wurde er verspottet, weil man ihn mit Johnny Mathis und Fats Domino verwechselte. Dann führte er Sha Na Na durch eine fröhliche, Jahrzehnte überspannende Version seines Klassikers „Roll Over Beethoven“ aus dem Jahr 1956.
Chuck Berry und Tina Turner, „Rock and Roll Music“ (1982)
Das Roxy auf dem legendären Sunset Strip in Hollywood war 1982 Schauplatz eines Treffens der Giganten. Gegen Ende eines ausgelassenen Sets lud Berry eine Gastmusikerin auf die Bühne ein und stellte sie als „die fabelhafte – hört ihr mich? – die fabelhafte Tina Turner!“ vor. Die Queen of Rock & Roll erschien daraufhin und begleitete ihren Rockerkollegen bei einer mitreißenden Version seines Hits „Rock and Roll Music“ aus dem Jahr 1957.
Das Ereignis wurde auf einem kommerziell veröffentlichten Video mit dem Titel „Chuck Berry Featuring Tina Turner“ festgehalten. Ein etwas irreführender Titel, da Turner nur in diesem einen Song zu sehen ist. Lustigerweise war Turner zu dieser Zeit nicht viel bekannter als Berry, der um 1982 nicht gerade ein Kassenschlager war, bevor „Johnny B. Goode“ in „Back to the Future“ zu sehen war und ihm zu neuem Ruhm verhalf.
Turner war noch ein paar Jahre von ihrem eigenen großen Comeback entfernt. Das lässt ihren gemeinsamen Auftritt in einem kleinen Club mit „Rock and Roll Music“ umso mehr wie ein herzliches, bodenständiges Zusammentreffen zweier R&B-Veteranen wirken.
Chuck Berry, Eric Clapton, Keith Richards und Robert Cray, „Wee Wee Hours“ (1986)
Trotz dieses berüchtigten Faustschlags hat Keith Richards nie in seiner Verehrung für Berry geschwankt. Schließlich war die Debütsingle der Rolling Stones 1963 eine Coverversion von Berrys „Come On“. Da war es nur logisch, dass Richards die Feier zum 60. Geburtstag seines Helden anführte.
Der 1986 gedrehte Konzertfilm „Hail! Hail! Rock ‚n‘ Roll“ zeigte eine von Richards zusammengestellte All-Star-Band, zu der neben Eric Clapton und Robert Cray an der Gitarre auch der Jubilar selbst gehörte, der mit ihnen gemeinsam Berrys eigenen Song „Wee Wee Hours“ aus dem Jahr 1955 spielte. „Wee Wee Hours“, ein für den sonst so wilden Berry ungewöhnlich langsamer Song, erwies sich als würdige Plattform für bluesige, glühende Jamsessions der Gitarrenlegenden.
Chuck Berry und Linda Ronstadt, „Back in the U.S.A.“ (1986)
Hail! Hail! Rock ’n‘ Roll brachte eine Reihe von Berrys prominenten Bewunderern auf die Bühne. Aber die Zusammenarbeit von Linda Ronstadt und Berry bei „Back in the U.S.A.“ hat etwas Besonderes. Ronstadt hatte schon lange zuvor ihr Können bei Soul- und R&B-Oldies-Covers wie Betty Everetts „You’re No Good“ und Martha and the Vandellas‘ „Heat Wave“ unter Beweis gestellt. Und sie brachte ihre kraftvolle Stimme in „U.S.A.“ voll zur Geltung. Um an seinem 60. Geburtstag nicht in den Hintergrund zu geraten, meldet sich Berry mit Call-and-Response-Repliken zwischen Ronstadts Zeilen zu Wort. Und spornt sie mit enthusiastischen Rufen wie „I’ll bet you did!“ und „Sing a song!“ an. Und das tat sie auch.
Chuck Berry und Etta James, „Rock and Roll Music“ (1986)
Etta James startete ihre Karriere bei Chess Records an der Seite von Berry. Daher war es nur natürlich, dass seine alte Weggefährtin aus den Tagen der Ecuadors und „Back in the U.S.A.“ dabei war, um seinen 60. Geburtstag zu feiern. Der Höhepunkt von Hail! Hail! Rock ’n‘ Roll ist ihre und Berrys feurige Interpretation von „Rock and Roll Music“. Eine Offenbarung, ein hitziger Dialog zwischen Berrys unsterblichen Gitarrenriffs und James‘ ebenso unbeugsamer Stimme.
Es ist nicht nur eine tour de force-Performance, die beweist, wie zeitlos seine Songwriting-Kunst geblieben ist. Sondern zeigt auch, dass selbst der spröde Berry in der richtigen Umgebung in der Lage war, seine Fäuste lange genug sinken zu lassen, um eine wirklich wechselseitige und sich gegenseitig beflügelnde Zusammenarbeit zu schaffen.