COMMITMENT: Die Kraft der Popmusik

Es gibt keine andere Kunstform, die so viele Menschen verbinden kann, um für eine gemeinsame Sache und eine offene und tolerante Gesellschaft zu kämpfen. Von Rolling-Stone-Redakteur Maik Brüggemeyer

Dass Musiker ihre herausgehobene Stellung nutzen, um sich für eine Sache jenseits ihrer Kunst zu engagieren, hat in der Popmusik eine lange Tradition. John Lennon und Yoko Ono etwa protestierten während ihres Honeymoon im Frühjahr 1969 in Hotelzimmern mit ihren Bed-Ins für den Weltfrieden und nahmen mit Freunden ihre Agitprop-Hymne „Give Peace A Chance“ auf, George Harrison sammelte 1971 mit dem Concert For Bangladesh Geld für Kriegsflüchtlinge, und Paul McCartney setzte sich für den Tierschutz und die Verbreitung des Vegetarismus ein.

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Die Beatles machten es vor

Man kann also bereits an den Beatles erkennen, wie Commitment funktionieren kann: Es kann sich als Protest gegen den politischen oder sozialen Status Quo äußern, als konkrete humanitäre Hilfsaktion oder als Aufforderung, die Konsequenzen des eigenen Handeln zu überdenken und sein Leben zu ändern.

In den 80er-Jahren, dem Jahrzehnt, in dem das Engagement von Musikern eine Höhepunkt erreichte,  setzten sich viele Künstler für die Bekämpfung von Hungersnöten, die Freilassung des südafrikanischen Freiheitskämpfers und Apartheid-Gegners Nelson Mandela, die Rettung des Regenwaldes ein, protestierten gegen atomare Aufrüstung und Atomkraft und suchten teilweise die Nähe zur Politik, wie die Politik wiederum auch die Nähe zu einflussreichen und erfolgreichen Künstlern suchte. Eine Allianz, die später – man denke an die unheilige Verbindung einiger BritPop-Künstler zur New-Labour-Bewegung des britischen Premierministers Tony Blair – nicht immer positive Effekte hatte. Was dazu führte, dass sich politisch engagierende Künstler in den Neunzigern nicht selten in Rechtfertigungsnot gerieten und in der von Ironie geprägten Pop-Epoche als so genannte „Gutmenschen“ verspöttelt wurden.

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Doch Künstler wie allen voran der U2-Sänger Bono, der 2011 vom National Journal zur politisch wirkungsvollsten Celebrity aller Zeiten gewählt wurde, machten unbeirrt weiter.

In den vergangenen Jahren hat sich entlang der Konflikte, Krisen und Skandale unserer Gegenwart wie etwa der Politik oder Nicht- Politik des US-Präsidenten Donald Trump, der zunehmenden, rassistisch motivierten Polizeigewalt in den USA, dem aufkommenden Nationalismus in Europa und Amerika, der Diskussion um das Equal-Rights-Amendment, der #MeToo-Debatte und der Klimapolitik eine neue Generation junger engagierter Künstler formiert.

Popmusik – das »Sprachrohr einer Generation«

Und gerade in Fragen der Identitätspolitik, die sich um die Rechte von Frauen, Schwarzen, Schwulen oder Minderheiten dreht, ist Pop noch immer eine wichtige Stimme, denn hier ist Anderssein das Salz in der Suppe – im Pop kann jeder sein, wer er sein möchte, kann Grenzen überschreiten und lernt darüber, tolerant gegenüber Unterschieden zu sein.

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Das in der Vergangenheit oft bemühte Bild vom Künstler als »Sprachrohr einer Generation« funktioniert heute nicht mehr, denn mit den sozialen Medien gibt es mittlerweile Kommunikationsmittel, durch die sich jeder selbst in öffentliche Debatten einschalten und gehört werden kann. Dennoch ist auffällig, dass gerade in politischen Krisenzeiten noch immer die große verändernde Kraft der Popmusik heraufbeschworen wird. Denn es gibt keine andere Kunstform, die so viele Menschen verbinden kann, um für eine gemeinsame Sache und eine offene und tolerante Gesellschaft zu kämpfen.

Am 22. November wird erstmals der International Music Award in Berlin vergeben. Mehr zum IMA erfahrt ihr hier.

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