Computer Kills The Movie Star

Der launische Star reiste zu spät an, Unwetter verwüsteten die Sets, die Crew war ständig von Krankheiten geschwächt. Francis Ford Coppolas persönliches Vietnam-Trauma wurden 1979 die katastrophalen Dreharbeiten auf den Philippinen zu „Apocalypse Now“. Diese Erfahrung war der letzte Funke, der eine von ihm schon lange gehegte Vision befeuerte: Coppola wollte die Filmtechnik verändern, die Produktionsabläufe neu strukturieren, das „modernste Studio der Welt“ bauen. Er wollte als Regisseur die totale Kontrolle, nicht mehr abhängig sein von Witterung oder zu viel Personal: „Die industrielle Revolution wird daneben wie ein Testlauf aussehen.“ Nur die Schauspieler konnte er nicht ersetzen.

So drehte er 1982 „One From The Heart“ unter Einsatz von Videotechnik komplett auf einer riesigen Studiobühne. Die Romanze mit Songs von Tom Waits wurde ein Flop und ruinierte Coppolas Karriere, gilt aber als Pionierwerk des Electronic Cinema. Als zu mechanisch und kalt wurde der Film damals empfunden. Ein Gefühl, das man auch heute wieder verstärkt hat. Digitale Effekte nehmen immer mehr Raum ein im Kino. Sie erzeugen Landschaften, Bauten, Monster, sogar Menschen. Das Cyberspace löst die Realität ab eine Entwicklung, die Andy und Larry Wachowski vor zehn Jahren mit „Matrix“ ebenso thematisiert wie forciert haben. Und die Regie-Brüder kommen nun mit „Speed Racer“ an Coppolas Traum recht nah heran.

Die Verfilmung einer japanischen Anime-Serie geht völlig auf in der Macht und Machbarkeit des Digitalen. Gedreht wurde ausschließlich in den Babelsberger Filmstudios, und man kann sich nicht mal sicher sein, ob die Darsteller auch in Kulissen oder nur vor einem Green Screen agieren. In der Story über eine futuristische Ralley durch Wüsten, Berge und Matsch sind die Rennszenen sämtlich animiert. Man sieht einem bunten High-Tech-Turbo-Cartoon zu, in dem Explosionen nur schmerzfreie, sterile Farbblitze sind, was Schauspieler eigentlich überflüssig macht. Nicht Emile Hirsch als Speed Racer ist hier der Star, sondern sein Kollege Computer. Dieses Kino, das zeichnet sich schon länger ab, braucht keine echten Typen mehr.

Damit ziehen die von visuellen Effekten dominierten Fantasy- und Comic-Verfilmungen eine Generation heran, denen solche Heldenrollen zu anderen Zeiten viel zu groß gewesen wären. Hirsch mag wie Elijah Wood („Der Herr der Ringe“) oder Tobey Maguire („Spider-Man“) ein guter Schauspieler sein, auch besser als etwa Charlton Heston, Harrison Ford oder Bruce Willis, die Filme mit ihrer markanten Aura prägten. Die schmalen Jungs mit ihren glatten Gesichter aber wirken wie Projektionen, die eingeblendet werden, wenn der Rechner pausiert. Matt Dämon ist der Vater dieses Trends, der „Star Wars“-Bubi Hayden Christensen sein Sohn.

Natürlich muss man den digitalen Fortschritt nicht verteufeln, solange er der Geschichte dient. Tricks und Täuschungen waren schon immer das Geschäft des Kinos, Hollywood hat es darin zur Perfektion gebracht. Stanley Kubrick vermied Außenaufnahmen, so weit es möglich war. Bis in die 60er Jahre wurde meist in den großen Studios gedreht. New Hollywood eroberte in den Siebzigern dann die Natur, für Robert Altman war das Teil des künstlerischen Prozesses. Viel Platz brauchten die Actionfilme für ihre Autoverfolgungsjagden, die seit „Bad Boys II“ und „I Robot“ von der Festplatte kommen. Mit „Speed Racer“ schließt sich nun endgültig der Kreis.

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