Platte des Monats

Neil Young und Crazy Horse: So gut ist das neue Album „Colorado“

Noch einmal mit Gefühl: Neil Young labt sich mit Crazy Horse an ausufernden Gitarren-Epen und lyrisch zarten Balladen.

Nach dem kleinen Präludium „Think Of Me“, einem Stück gewinselten Farmer-Rocks mit Harmonika, kommen Neil Young und Crazy Horse zur Sache: Schwerblütig und schwärmerisch stimmen sie „She Showed Me Love“ an, einen dieser eiernden, simmernden Ströme aus zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug und und Harmoniegesang, der Wiederholung des Songtitels.

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Sieben Jahre nach „Psychedelic Pill“, dem letzten Gipfel des Zentralmassivs des nordamerikanischen Pastoralen-Rock, hat Young noch einmal die verbliebenen Kämpen zusammengerufen: Ralph Molina am Schlagzeug, Billy Talbot am Bass und Nils Lofgren – anstelle des kranken Frank Sampedro – an der Gitarre.

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Lofgren spielte bei Youngs erstem Soloalbum und „After The Gold Rush“, bevor eine eigene Karriere begann und später Bruce Springsteens E Street Band verstärkte. Die 13 Minuten von „She Showed Me Love“ und das sechsminütige, tatsächlich milkywayweiche „Milky Way“ haben den schwankenden, leicht angetrunkenen Gestus einer Dampflokomotive, die gleich aus den Schienen springen könnte.

„Colorado“ ist eine Tüte voll mit Süßem

Und ähnlich wie auf „Harvest Moon“ versichert sich Young hier in „Olden Days“ der beglückenden Erinnerung.Aber „Colorado“ ist das musikalische Äquivalent zu dem bunten Konfekt: In der lyrischen Zartheit von „Green Is Blue“ und dem treuherzigen „Eternity“, zum Piano gesungen, ist Young so versammelt und süßholzraspelnd wie lange nicht.

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Während er im schroffen „Shut It Down“ skandiert, derweil die alten Jungs den bedrohlichen Gegengesang („Shut the whole system down“) intonieren. „Rainbow Of Colors“ ist ein Hymnus, in dem Young mit einem Chor schwört, dass die Farben des Regenbogens in den alten USA nicht weißgewaschen werden.

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Das Beste kommt zum Schluss: das gespenstisch leise geschrummte und intensiv gewisperte „I Do“.In den Déjà-vus, im Wechsel von halluzinatorischer Träumerei und rostigem Grollen, von bukolischem Sonntagsfrieden und ausuferndem Mantra imitiert „Colorado“ Dramaturgie von Youngs Konzerten – mit der Band, die seine mild bekiffte Poesie, seine abenteuerlichen Exkursionen und seine sentimentalen Reminiszenzen noch immer am schönsten zum Klingen bringt.

„Colorado“ ist das Album des Monats in der November-Ausgabe des ROLLING STONE. In unserer Jubiläumsausgabe zum 25. Geburtstag des ROLLING STONE finden Sie eine exklusive Dylan-Cash-Vinyl-Single, ein Feature über die beiden Musiker, Texte über FKA twigs, die DDR-Popkultur, Michael Kiwanuka, Debbie Harry, Iggy Pop und Faber.

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