Die Regierung

„Nur“

Staatsakt (VÖ: 25.8.)

Das große Rauschen und lakonische Indie-Hits

Bands, selbst die aus der Hamburger Schule, haben alle möglichen Beweggründe, wenn sie doch wieder zusammenfinden. Nostalgie. Unterhaltsansprüche. Kreatives Aufflackern. Noch ein Ferienhaus. Die Regierung aber hat ihren Abschied zurückgenommen, „weil sie sich selbst so gut findet“. Was auch abzüglich eingepreister Selbstironie ziemlich weit vorn ist. Die Band um den talentierten Nichtsänger Tilman Rossmy ist auf dem vierten Album seit der Auferstehung da angekommen, wo einfach gemacht wird, was gerade geht. Und manchmal auch, was eigentlich nicht geht.

Die Band um den talentierten Nichtsänger Tilman Rossmy ist da angekommen, wo einfach gemacht wird, was gerade geht

Diese Chöre in „Die Liebe, die niemals kommt“! „Stop“ ist ein schweres Fuzz-Bass-Brett, Drummer Alexander Lieven gewinnt für den „Indien“-Beat die Griffin-Goldsmith-Ehrennadel in Silber. „Nichts ist wirklich“ klingt wie ein verschollener Indie-Hit von 1995 – und „Wenn die Liebe ruft“ fast, als wären The Clash im Effektebad wiederaufgetaucht. Produzent Olaf O.P.A.L. (The Notwist, International Music) präferiert einen rohen Demokeller-Sound, der sich im Zweifel eher fürs große Rauschen entscheidet als für ein bisschen mehr Transparenz, was Rossmy mit seinen ko(s)mischen Phrasierungen und Eigenheiten und gelegentlichem Udo-tum auch das Entschwinden im Nirwana gestattet. Schlüsselzeilen wie „Les keine AGBs, ich muss nich wissen, wohin die Reise geht/ Es interessiert mich nich, ob es noch was Besseres gibt“ haut er nach wie vor mit großer Lakonie raus.

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Zwischendurch schummelt Rossmy ein Heimdemo rein – passt aber zu „Nirgendwo hinzugehen“. Der Gassenhauer „Kein Grund glücklich zu sein“ rekapituliert erste Trips und Liebeslektionen anno ’74. Und wie dieses Lied von „Jackson Braun“ (so singt er das!) plötzlich da ist, wo es nicht hingehört! Dazu gniedelt eine Slide-­Gitarre – in memoriam David Lindley? „Ja, es ist so supereinfach, aber leicht is es nicht“, übt Rossmy sich zu guter Letzt in „Wo ist die Liebe jetzt“ in Lebensdialektik. Na, da wo man sie gerade findet! Also im Prinzip überall.