Fontaines D.C.

„Skinty Fia“

Partisan/PIAS (VÖ: 22.4.)

Die Iren zwischen Tradition und Punk-Avantgarde

Die Band gibt sich heimatverbunden. Das steht in schönem Kontrast zur Internationale der Globalisierung, die auch im Kulturbetrieb gern gesungen wird. Während „Dogrel“ (2019), das Debüt des Quintetts, von lauter tragikomischen Irlandfiguren bevölkert war, zog sich durch „A Hero’s Death“ (2020) ein Gefühl der Entfremdung: Was so passiert, wenn ein paar junge Menschen viel Zeit in Tourbussen, Hotelzimmern und Konzertsälen verbringen.Mit „Skinty Fia“ feiern Fontaines D.C. nun ihre Heimkehr nach Dublin. Und sie erzählen Geschichten von Iren in der britischen Diaspora. Die irisch gälische Sprache spielt eine zentrale Rolle.

Fontaines D.C. sprengen mit diesem dritten Album ihre Post-Punk-Ketten

Das erste Stück heißt „In ár gCroíthe go deo“. Ein Bass pumpt. Ein Choral erhebt sich. Das Schlagzeug treibt alles einem furiosen Finale entgegen. Radiohead-Pathos scheint zum Greifen nah. Grian Chatten mahnt mit bebender Stimme: „Gone is the day, gone is the night, gone is the day.“ Der Song basiert auf dem realen Fall einer irischstämmigen Frau, die vor ein paar Jahren im englischen Coventry beerdigt wurde. Ihr letzter Wunsch, dass auf ihrem Grabstein „In ár gCroíthe go deo“ („Für immer in unseren Herzen“) stehen möge, wurde von der dortigen Kirche vereitelt.

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„Skinty Fia“ wiederum ist eine alte irische Redewendung – oder mehr ein Fluchen für alltägliche Situationen der Überforderung. Wie etwa im Titelsong, der von einer zum Scheitern verurteilten, von Drogen und Paranoia geprägten Beziehung handelt. Dazu vibriert ein Sound zwischen Pixies, Joy Division und Björk. Fontaines D.C. sprengen mit diesem dritten Album ihre Post-Punk-Ketten. Sie werfen Fragen auf und Moralvorstellungen über Bord. Es geht um Traditionen und Identitäten – und darum, wie sie vernichtet werden. Der Protagonist in „Nabokov“, dem letzten Stück der Platte, opfert seine Unabhängigkeit für eine vermeintlich perverse Liebe: „Pain pure sky/ I’ll be your dog in the corner.“ Auch das ein schöner Gegenentwurf zur Ideologie des Individualismus.