Kritik: Haim

Women In Music, Pt. III

Universal

Haim und ihr Pop aus L.A.: Liebe zum Bewährten, offen für Neues

Natürlich konnte man Haim von Anfang an wegen des famosen Spiels mit den Stilen der 70er-, 80er- und 90er-Jahre und vielen Guilty Pleasures mögen – dann deutete man die Lieder des Schwesterntrios aus Kalifornien als tollen Mummenschanz und als Brummkreisel der Popkultur.

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Aber man verpasste dann das Wesentliche, nämlich die große, unverschämte Liebe zur Musik, mit der Alana, Danielle und Este Haim ihre Alben machen. Nun wird man darüber nicht mehr sprechen müssen: „Women In Music, Part III“ emanzipiert sich von den Einflüssen und transformiert sie zu einer neuen, offenen Form.

Melancholische Sensibilität

Der Auftakt, „Los Angeles“, ist Crooner-Pop im Reggae-Gewand, kommentiert von einem Lounge-Saxofon. „The Steps“ hat das Timbre von Sheryl Crow, eine Steve-Miller-Gitarre und eine Drum-Machine. „I Know Alone“ steht auf elektronischen UK-Garage-Beats, dazu spielt ein Eighties-Chorus-Bass – aber wichtiger als das Arrangement ist der bezaubernde Song selbst, dessen melancholische Sensibilität an Maria Taylor erinnert.

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„3 AM“ fügt Weird Funk und HipHop hinzu, „Summer Girl“ ist ein dahingesummtes Lou-Reed-Zitat. Die neue Ästhetik entsteht durch eine kompositorische Öffnung: Haim lassen Skizzen zu und singen Melodien, die sich nicht sofort zurückverfolgen lassen. Aber genauso ist es das Spiel mit analogen Signalen und elektronischer Verarbeitung, die dem Album seine Identität gibt: Produzent Ariel Rechtshaid (Adele, Blood Orange, Madonna) versteht die Neugier seiner Kundinnen und findet fantasievolle Lo-Fi-Sounds.

Dahinter stehen natürlich weiterhin konzise Songs, bei denen man dieselben Assoziationen hat wie bisher. Seventies-Country-Rock, mindestens eine Fleetwood-Mac-Hommage, Eighties-Pop, Nineties-R&B: alles wieder da, aber abenteuerlicher. Und dann kann man natürlich noch den Titel des Albums deuten und sagen: Haim feiern auch hier ihre Lieblingssängerinnen aus den letzten 50 Jahren Popmusik.