Lenny Kravitz

Are You Gonna Go My Way

Wie bei Hendrix: Dieser Plattentitel enthielt kein Fragezeichen. Das Album war als Aufforderung gedacht. Die Leute kamen zu Lenny Kravitz, nicht umgekehrt.

„Are You Gonna Go My Way“ feiert sein 25. Jubiläum, und Lenny Kravitz dürfte nicht unzufrieden sein. Das Album ist vom Jahr 2018 nun genauso weit entfernt wie von seinem geliebten 1968.

Es klingt auch mehr nach damals als nach heute. Knistern, rauschen, schwere Instrumente. Hendrix und Lennon. Die Songs haben knallharte Fade-Outs, und Lenny besingt den Zauber karibischer Schönheiten. Wer ihn nicht kennt und diese Platte zum ersten Mal hört, käme vielleicht nicht ganz auf die 1960er, aber noch lange nicht auf die Neunzigerjahre.

„Believe“ist weniger Afro-Futurismus als der (kindliche) Glaube daran, dass Gott tatsächlich über dem Himmel, also im All schwebt. Das Video zeigt das vielleicht einprägsamste Bild Kravitz’: Er trägt seine Rastalocken im Raumhelm; wer Lust hat das zu deuten, käme vielleicht auf den Hippie, der sich im Spaceage einzurichten versucht. Kravitz gönnt sich die Freiheit, das Lied mit einem zweiminütigen Gitarrrensolo zu beenden. Sang er zuvor „If You Want It, You Got It, You Just Got To Believe“, schenkte er uns mit dem instrumentalen, dramatischen Outro die Möglichkeit in Gedanken zu reisen.

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„Come On And Love Me“ ist sein bis heute vielleicht urigstes Lied, es scheint nur um den verzerrten Schlagzeug-Rhythmus zu kreisen, um einen Effekt, der sich selbst genügt. Der Soul von „Sugar“ hätte auch auf Marvin Gayes „I Want You“ seinen Platz gefunden.

Der Titelsong ist zu Recht Kravitz’ bis heute populärster. Er heißt ja schon wie eine Hendrix-Skizze, und das Gitarrenriff ist so selbstverständlich Love & Peace, dass man glaubt, es sei schon immer da gewesen. Im Video spielt Lenny seine Flying V, umgeben von hunderten Fans, die in Ekstase hunderttausende Haare schütteln. Wer den Clip gesehen hat, vergisst ihn nie wieder. Und so wie Hendrix mit „Are You Experienced“, enthielt auch dieser  Titel kein Fragezeichen. Das Album war als Aufforderung gedacht. Das Plattencover mit dem Lenny, lehnend an der Wand, ergänzte den Eindruck: Die Leute kamen zu ihm, nicht umgekehrt.

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Das Besondere an Kravitz, dem Rocker, war auch seine selbstbewusste Songauswahl. Denn in Wirklichkeit war er bis Mitte der 1990er-Jahre gar kein Rocker. Sondern ein Balladen-Interpret. Nur zwei Lieder auf „Are You Gonna Go My Way“ waren Uptempo, die anderen neun waren getragene Liebeslieder. Wer die LP hörte, verfiel nach den aggressiven Seiten-Eröffnungsstücken damit in eine von Lied zu Lied bis zum Ende getragene Ruhe. Ähnliche Quote beim Flowerpower-Vorgänger „Mama Said“: Drei von 14 Stücke waren langsam.

Und dennoch wurde „Are You Gonna Go My Way“ zu Kravitz’ größtem Hit. In den US-Billboard-Charts kratzte er an den Top Ten (Platz zwölf), und im UK landete er mit der Platte zum ersten – und bis heute einzigen – Mal auf der Eins.

Der Nachfolger „Circus“ von 1995 offenbarte Leistungsdruck. Das war keine Reise mehr, das war Hardrock – dessen Produktion zu teuer wirkte um aufregend zu sein.

Der Mut von „Are You Gonna Go My Way“ bestand darin, dass Kravitz alles nach Flohmarkt klingen ließ.