Natalie Merchant

„Keep Your Courage“

Nonesuch/Warner (VÖ: 14.4.)

Auf der Suche nach Liebe und Halt in der Antike

Im 60. Lebensjahr betet Natalie Merchant eine – ach was, die Göttin der griechischen Antike an. „Come On, Aphrodite“, möge diese sich ihrer doch noch einmal gnädig erweisen und Liebe herunterschicken, auch wenn diese stets Freude ebenso wie Kummer mitbringt. „Make me love, make me love!“, fleht sie im Duett mit Abena Koomson-Davis (Resistance Revival Chorus). Bonnie Raitt sah das mit „I Can’t Make You Love Me“ schon mal prosaischer. Doch Merchants Kniefall rührt an, zumal wenn sich diese kleinen Brüche in ihre sonst immer noch so erhabene Stimme schleichen. Schade nur, dass sie in einem konventionellen R&B-Kostüm mit Bläsern geglättet werden.

Trotz allem bleibt sie überzeugt: „Love will conquer all“

Die gern mal üppigen Arrangements bleiben ein Problem auf dem neunten Solowerk der Frau aus Jamestown/New York, die zuletzt gern Folk-Covers, Kinderlieder und Neubearbeitungen zwischen ihre „richtigen“ Alben streute. Ein langes Requiem für eine Sister Tilly etwa, das mittendrin unvermittelt in einen 4/4-Beat eingenordet wird, der sie wohl auf Streicherschwüngen davonfliegen lassen soll, aber dann nach knapp acht Minuten doch nur in einem fast gesprochenen Finale verendet. Besser gelingt Merchant das Spiel mit der großen und kleinen Dynamik in „Narcissus“ oder mit dem einzigen Cover, „Hunting The Wren“, ursprünglich von der irischen Band Lankum, das aktuellen Missbrauch im Leben der Outcast-Frauen widerspiegelt, die sich schon im County Kildare des 19. Jahrhunderts ihre Zufluchtsnester bauen mussten.

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„Tower Of Babel“ bringt mit dezidiertem R&B-Vibe die Konfusion dieser Zeit in 2:28 Minuten auf den Punkt. Ein schlüssigeres Sequencing hätte das oder den schlichten Folk-Pop von „Song Of Himself“ weiter vorn platziert. Merchant schließt mit „The Feast Of Saint Valentine“, einer Beschwörung, näher am Urmartyrium des hl. Valentin als an heutigen Valentinstagsritualen. Doch trotz allem bleibt sie überzeugt: „Love will conquer all.“ Auch wenn sie selten kommt, wenn m/w/d es gerade will.